Proteste gegen Rodung 300 Polizisten bei Einsatz im Hambacher Forst

Düsseldorf · 300 Polizisten schützen den RWE-Konzern bei Aufräumarbeiten wenige Wochen vor der geplanten Rodung. Ein Umweltverband will die Abholzung noch per Gericht verhindern.

Mit einem Großaufgebot hat die Polizei Aufräumarbeiten des Energiekonzerns RWE im Hambacher Forst geschützt. „Wir hatten rund 300 Polizisten im Einsatz. Die Maßnahme dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit“, sagte Dirk Weinspach, Polizeipräsident in Aachen.  Zu Beginn der Räumung habe es vereinzelt Attacken mit Steinen gegeben. Zudem seien eine Bombenattrappe und ein nicht-funktionsfähiges Katapult gefunden worden. Die Polizei berichtete von zwei Festnahmen, ansonsten seien die Proteste bis zum Abend friedlich verlaufen.

Im Hambacher Forst verschanzen sich seit Wochen Braunkohlegegner, um ein Abholzen der verbliebenen über 100 Hektar Wald zu verhindern. RWE will mit den Rodungsarbeiten im Oktober beginnen. Beobachter aus Sicherheitskreisen machen sich auf eine Eskalation der Gewalt gefasst. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte gewarnt, dass man es im Hambacher Forst mit „extrem gewaltbereiten Linksextremen“ zu tun habe, die aus ganz Deutschland und dem Ausland anreisten.

Hambacher Forst: Bilder der Räumung der Barrikaden vom September 2018
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Polizei rückt in besetzten Hambacher Forst vor

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Foto: dpa/Oliver Berg

Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW, beschrieb die Situation vor Ort so: „Wenn  es zur Rodung kommen sollte, erwarten wir den größten Polizeieinsatz in NRW in der Nachkriegsgeschichte.“ Zurzeit herrsche angespannte Ruhe. Die Polizisten müssten im Wald immer damit rechnen, attackiert zu werden.

Die Rodungsgegner forderten am Mittwoch per Megafon den Abzug der Polizei. Zu Beginn des Einsatzes sei Pyrotechnik geworfen worden, berichteten die Beamten. Auch seien Polizisten mit Urin bespritzt und mit Fäkalien beworfen worden. Die Polizei schätzte die Zahl der Rodungsgegner im Wald auf 60 bis 100.

 Aus Sicht von RWE muss der Wald gerodet werden, um die für die Stromproduktion eingeplante Braunkohle gewinnen zu können. Ein Konzern-Sprecher vermied es aber, einen Zusammenhang zwischen den Aufräumarbeiten am Mittwoch und den geplanten Rodungen ab Oktober herzustellen. „Wir sind lediglich unserer Verkehrssicherungspflicht für den Forst nachgekommen. Es darf dort keiner zu Schaden kommen“, sagte der Sprecher. 

Proteste am Hambacher Forst vom 24. August 2018
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Proteste am Hambacher Forst

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Tatsächlich steht noch eine gerichtliche Entscheidung aus, ob RWE die Rodungsarbeiten wie geplant am 1. Oktober aufnehmen darf. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat einen Eilantrag eingereicht, um dies noch zu verhindern. Nach Auskunft einer Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster hat der Essener Konzern nun zwei Wochen Zeit für eine Stellungnahme.

Das Gericht werde dafür sorgen, dass spätestens bis Oktober Klarheit herrsche. Entweder durch eine Entscheidung in der Sache oder durch einen Hängebeschluss, der verhindere, dass RWE vorzeitig Tatsachen schaffe. Möglich sei auch eine Stillhaltezusage des Konzerns, so die Sprecherin.

Gleichwohl gehen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) bereits davon aus, dass RWE das Recht auf Abholzung zusteht. Ähnlich äußerte sich FDP-Innenexperte Marc Lürbke: „Die Sachlage ist klar: Das Recht ist zweifelsfrei auf Seiten von RWE.“ Grünen-Fraktionschefin Monika Düker appellierte hingegen an Laschet, sich für ein Rodungsmoratorium einzusetzen.

Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte die Aktion von Mittwoch: „Im Hambacher Wald läuft eine absurde Machtdemonstration auf dem Rücken der Polizei für eine Energiepolitik aus dem letzten Jahrhundert“, sagte sie unserer Redaktion. Statt jahrhundertealte Bäume zu fällen, müsse für alle Beteiligten das Motto gelten: „Reden statt Roden“.

(kib/swh)
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