Gastbeitrag der Grünenspitze in NRW Grüner Fünf-Punkte-Plan für die Corona-Krise in NRW

Meinung | Düsseldorf · Die Grünen sind unzufrieden mit dem Zick-Zack-Kurs von NRW-Ministerpräsident Amin Laschet in der Corona-Krise. Das Führungsgespann der Oppositionspartei, Mona Neubaur und Felix Banaszak, erläutert in diesem Gastbeitrag, wo die Grünen Versäumnisse sehen und was sie anders machen würden.

 Felix Banaszak und Mona Neubauer.

Felix Banaszak und Mona Neubauer.

Foto: dpa/Caroline Seidel

Der Lockdown für NRW ist da, doch von einem klaren Kurs, einer Perspektive in der Krise ist weiter nichts zu spüren. Armin Laschet hat die Verantwortung lange nicht angenommen. Vor seinem radikalen Kurswechsel hat er gezögert und gezaudert und kostbare Zeit verspielt – jetzt droht die Überlastung des Gesundheitssystems.

Und: Er riskiert das Vertrauen der Bevölkerung. Ohne Vertrauen aber läuft die Corona-Bekämpfung ins Leere. Ein Plädoyer für eine Politik, die wieder Vertrauen schafft.  Wenn Armin Laschet aktuell vor die Kameras tritt und seinen Zickzack-Kurs erklärt oder die jüngste Volte seiner schwarz-gelben Regierung, bleibt immer öfter ein Störgefühl. Hat er das jetzt wirklich gesagt?

Jüngst kritisierte Laschet WissenschaftlerInnen, deren Prognosen für die Pandemie nicht eingetreten seien. Man fragt sich: Auf welche Experten hört denn dieser Ministerpräsident? Schon im Frühjahr haben viele Epidemiologen exakt die zweite Welle prognostiziert, die wir jetzt haben. Laschet hätte ihnen und nicht nur jenen zuhören müssen, die seine Position bestätigten.

Es ist völlig normal, dass sich durch neue Erkenntnisse Meinungen ändern. Fehleinschätzungen sind menschlich – diese zuzugeben aber auch. Das hat der Ministerpräsident versäumt. Und es waren er und seine Kollegen, die Mitte Oktober die Kanzlerin ausbremsten und einen härteren Lockdown verhinderten.

So kann es nicht weitergehen in NRW. Aus dem Prinzip Hoffnung muss endlich eine Strategie nach dem Prinzip Vorsorge werden. Schluss mit kurzfristigen Ad-Hoc-Schließungen- und Lockerungen! Wir brauchen eine langfristige Strategie, die nachvollziehbar und verlässlich ist. Wer plausibel argumentiert, eigene Fehler korrigiert, dem vertraut man. Die beste Maßnahme nützt nichts, wenn niemand sie befolgt. Deshalb schlagen wir fünf Prinzipien vor, an der sich die Pandemiebekämpfung künftig orientieren muss.

Erstens: Einheitlichkeit ohne Gleichzeitigkeit. Mit einem bundesweit verbindlichen Stufenplan können wir verantwortungsvoll und kontrolliert durch die Pandemie kommen. Anhand von Infektionszahlen werden Städte und Kreise in Kategorien eingeteilt. Je nach Infektionsgeschehen ergreifen sie gezielte Maßnahmen – und lockern diese beim Rückgang der Zahlen. So wissen die Menschen vor Ort rechtzeitig, woran sie sind.

Zweitens: Effektiver Schutz. Die Situation in vielen Alten- und Pflegeheimen ist alarmierend. Wir müssen die Bewohner besser schützen und trotzdem Besuche ermöglichen. Dafür brauchen wir endlich flächendeckend Schutzausrüstung für alle in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, in der häuslichen Pflege und im Rettungsdienst – und endlich Kapazitäten für Tests. Allein, dass wir diesen Satz nach neun Monaten Krise noch aufschreiben müssen, ist ein Armutszeugnis.

Drittens: Verantwortung. Besonders beim Thema Kita und Schule wälzt Schwarz-Gelb diese immer wieder ab. Viele Eltern sind ratlos. Sie üben sich im Spagat zwischen den Wünschen ihrer Arbeitgeber und der Sorge um die Gesundheit der Familie. Kreativität oder Mitgestaltung an einem Plan B für Schulen und Kitas werden nicht angenommen. Die Regierung hält die Füße still. Es liegt auf der Hand, dass am Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht momentan und auch absehbar 2021 kein Weg vorbeiführt. Mit mehr Räumen, mehr Lehrpersonal und Lüftungsanlagen in den Klassenräumen können wir bei einer Besserung der Infektionslage Schritt für Schritt zum Präsenzunterricht zurückkehren.

Viertens: Verlässlichkeit. Auch Solo-Selbstständige, Kulturschaffende, Gastronomen und Betreiberinnen von Bühnen fühlen sich derzeit nicht gehört. Kein Wunder – die Hilfen, die ihnen versprochen wurden, fließen verspätet und tröpfchenweise. Wenn seit zehn Monaten das Zusammenspiel zwischen Behörden, Ministerien und Ämtern nicht funktioniert, muss eine Taskforce her, die sicherstellt, dass passgenaue Hilfen schnell ankommen.

Fünftens: Aufrichtigkeit und Transparenz. Das Virus wird unser Leben weiterhin bestimmen, auch mit Impfstoff. Die Verantwortlichen müssen das klar und offen kommunizieren. Es ist doch logisch, dass alle sich nach dem Ende der Krise sehnen. Die Darstellung von Szenarien in klaren, verständlichen Botschaften: Darauf kommt es jetzt an. Auch und besonders für den Ministerpräsidenten. Sein Krisenmanagement und die Kommunikation dazu müssen sich ändern. Sonst riskiert er das Vertrauen der Menschen in die Schutzmaßnahmen und schürt neues Misstrauen in Politik. Das hätte dramatische Folgen – für uns alle.

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