Interview mit CDU-Landeschef Armin Laschet "Fracking-Versuch ist für uns kein Thema"

Düsseldorf · Der Vorsitzende der CDU in Nordrhein-Westfalen widerspricht seinen Parteifreunden: Über die umstrittene Fördertechnik Fracking sagt er im Interview mit unserer Redaktion: Eine Versuchsanlange ist für NRW kein Thema.

 Armin Laschet sprach mit unserer Redaktion.

Armin Laschet sprach mit unserer Redaktion.

Foto: dpa, Martin Gerten

Herr Laschet, EU-Kommissar Günther Oettinger, der der CDU angehört, hat sich für eine Fracking-Versuchsanlage in Nordrhein-Westfalen ausgesprochen. Was halten Sie davon?

Laschet Eine Fracking-Versuchsanlage ist für Nordrhein-Westfalen kein Thema.

Auch der Vorsitzende der Ruhr-CDU, Oliver Wittke, will die technischen Möglichkeiten erproben. Halten Sie das für sinnvoll?

Laschet Weder die Einlassungen des EU-Kommissars noch die des Vorsitzenden der Ruhr-CDU haben etwas an der Position der CDU in Nordrhein-Westfalen verändert.

Haben Sie Herrn Wittke deswegen angesprochen?

Laschet Nein. Die Haltung von Partei und Fraktion ist jedem bekannt.

Die Befürworter sagen, Deutschland würde sich von Gas-Importen unabhängiger machen. Wie schätzen Sie das ein?

Laschet Ich habe schon länger angemahnt, dass wir eine Debatte über globale außenpolitische Zusammenhänge brauchen und über unsere einseitige Abhängigkeit von Russland nachdenken sollten. Das ändert aber nichts an unserer Ablehnung gegenüber dem Einsatz umwelttoxischer Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie.

Ist Fracking für die Union ein Tabu-Thema wegen der bevorstehenden Kommunalwahlen?

Laschet Es geht um die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit von Menschen und des Trinkwassers. Unsere Position steht seit Langem fest und ist unabhängig von Wahlterminen. Fracking mit giftigen Substanzen, die das Trinkwasser gefährden könnten, wird es in Nordrhein-Westfalen nicht geben.

Sind Sie zufrieden mit den ersten 100 Tagen der großen Koalition in Berlin?

Laschet Aus NRW-Sicht kann man durchaus zufrieden sein. Bei der für uns so wichtigen Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hat die Koalition großes Tempo vorgelegt. Es soll am 8. April im Bundeskabinett beschlossen werden.

Zieht der Bundesrat mit?

Laschet Daran werden wir Ministerpräsidentin Hannelore Kraft messen. Es geht nicht, dass wir in Berlin zusammen für die Interessen des Industrie- und Energielandes Nordrhein-Westfalen kämpfen und danach bei ihr das große Schweigen einsetzt. Ich erwarte im Bundesrat ein klares Ja unseres Landes und keine wachsweiche Enthaltung.

Gehört das EEG nicht abgeschafft?

Laschet Niemand will zurück zur Kernenergie. Das neue EEG beendet den unkontrollierten Ausbau der erneuerbaren Energien mit unbegrenzten Subventionen. Derzeit sind es 23 Milliarden Euro pro Jahr, zugesagt für 20 Jahre. Mit weiteren Steigerungen muss Schluss sein. Die Reform bringt klare Ausbaupfade.

Ende April stellen Sie sich auf dem Landesparteitag zur Wiederwahl als Parteichef. Karl-Josef Laumann will ihr Vize werden. Schafft er das?

Laschet Ja, da bin ich mir sicher. Er ist das soziale Gewissen der deutschen CDU und eine markante Stimme Westfalens.

Dann muss einer der fünf Stellvertreter verzichten, oder es kommt zu einer Kampfabstimmung.

Laschet Das ist alles noch offen. Es ist ja auch denkbar, dass es weitere Kandidaturen gibt oder dass nicht alle wieder antreten.

Ist mit personellen Veränderungen in der Fraktion zu rechnen?

Laschet Ja, bei den anstehenden Wahlen vor der Sommerpause werden wir gemeinsam ein Team aufstellen, dass sich aus mehr jüngeren Abgeordneten zusammensetzen wird. Es muss sich eine Mannschaft zusammenfinden, die das Ziel hat, 2017 die Regierung zu übernehmen.

Sie gelten den Grünen gegenüber als aufgeschlossen. Pflegen Sie die Kontakte zu ihnen?

Laschet Ja, ich habe viele Freunde bei den Grünen.

Denken Sie dabei schon an 2017?

Laschet Nein. Koalitionen werden nicht nach Sympathien, sondern nach sachlicher Übereinstimmung und Wahlergebnis entschieden.

Was ist mit der FDP?

Laschet Die sachliche Übereinstimmung, insbesondere in NRW, ist mit der FDP am größten. Sie versucht manchmal, sich gegen die große Koalition in Berlin zu profilieren, aber leidet wie wir unter Rot-Grün in Düsseldorf.

Wird Hannelore Kraft 2017 antreten?

Laschet Das müssen Sie Frau Kraft fragen. Aber das ist mir auch ehrlich gesagt egal. Die CDU muss so stark sein, dass die Wähler uns für die bessere Alternative halten.

Wie sieht dazu Ihr Konzept aus?

Laschet Die Bildungspolitik ist eine der Kernfragen in der Auseinandersetzung mit Rot-Grün. Wir werden das Versagen in der gesamten Bildungskette — von den Kitas über den Unterrichtsausfall und die chaotische, voreilige Einführung der Inklusion bis hin zum Streit mit den Hochschulen — offensiv ansprechen und dort die Landesregierung stellen. Außerdem darf NRW nicht immer nur das Schlusslicht im Ländervergleich sein.

Sie leben in Aachen mit Ihrer Frau. Wohnen Ihre beiden Söhne und die Tochter noch bei Ihnen?

Laschet Nein. Sie studieren in Köln, Bonn und München.

Sind Ihre Kinder parteipolitisch aktiv?

Laschet Nein.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Laschet "Die Schlafwandler" von Christopher Clark.

Welchen Kinofilm haben Sie zuletzt gesehen?

Laschet "Grand Budapest Hotel", Wes Andersons Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale.

DETLEV HÜWEL FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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