Landesparteitag der NRW-FDP Lindner will bei „Friday for Future“ mit demonstrieren - aber nur nachmittags

Düsseldorf · Will die FDP auf der Friday-for-Future-Welle mitschwimmen? Dass plötzlich ausgerechnet der Klimaschutz im Zentrum des Landesparteitages der Liberalen in Duisburg steht, findet sogar der Landesvorsitzende erklärungsbedürftig.

 Joachim Stamp (links) und FDP-Chef Christian Lindner vor Beginn des Landesparteitages der FDP.

Joachim Stamp (links) und FDP-Chef Christian Lindner vor Beginn des Landesparteitages der FDP.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Das sei „keine Reaktion auf die Friday-for-Future-Bewegung“, versicherte Joachim Stamp. Man habe die Idee schon vor einem Jahr gehabt.

Die Distanz zu der 16-jährigen Schwedin, die mit ihren freitäglichen Schulstreiks mehr Klimaschutz erzwingen will und damit Tausende Nachahmer in Deutschland gefunden hat, ist Stamp wichtig. „Die Aufmerksamkeit ist längst gegeben. Inzwischen wäre der Protest glaubwürdiger außerhalb der Schulzeit“, so Stamp, der zugleich auch Familien-, Kinder- und Jugendminister in NRW ist.

Der mit 17.500 Mitgliedern stärkste FDP-Landesverband diskutiert am Wochenende einen Leitantrag des Landesvorstandes, mit dem die FDP sich als Klimaschutzpartei profilieren soll. Motor des Umweltschutzes, und das ist nach ihrem Verständnis der originär liberale Kern der Strategie, sollen Innovationen sein und nicht staatliche Gängelei. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner machte das in einer späteren Rede auf dem Landesparteitag anhand eines Beispiels deutlich: Vereinzelt würden die Grünen zum Schutz des Klimas bereits die Rationierung von Flugreisen fordern. Die FDP lehnt solche Ansinnen ab und setzt lieber auf Ankündigungen der Flugzeugindustrie, die bereits im nächsten Jahrzehnt klimaneutrale Flugreisen auf Wasserstoffbasis versprochen habe. „Wir wollen nicht grüner werden“, so Lindner, „wir wollen Klimapolitik vernünftiger machen und nicht grüner.“

Keine Partei sei näher bei der Friday-for-Future-Bewegung als die FDP. Wer die Schüler ernst nehme, müsse ihnen aber auch klar machen, dass Regeln wie die Schulpflicht nicht zur Disposition stehen. „Wenn ihr freitagsnachmittags demonstriert, stelle ich mich neben Euch und demonstriere mit“, sagte Lindner an die Adresse der Friday-Bewegung. Trotz deutscher Rekorde beim Strompreis und bei den CO2-Vermeidungskosten würde das Land seine Klimaziele nicht erreichen. Das sei das Ergebnis von über 15 Jahren roter, schwarzer und grüner Klimapolitik.

Konkret fordert die FDP, den Klimaschutz und das Bekenntnis zu internalen Klimazielen als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Der Emissionshandel zur Senkung der Treibhausgasemissionen müsse von den Bereichen Industrie und Energie auf alle Sektoren ausgeweitet werden, auch auf Verkehr und Landwirtschaft.

Lindner ging in seiner Rede auch auf die aktuellen Demonstrationen gegen die Wohnungsnot in Ballungsräumen ein. Es gehe um ein „tatsächlich vorhandenes Problem“. Die Stoßrichtung der Demonstranten, die sich plakativ auch gegen den angeblichen Mietwucher von Wohnungskonzernen richtet, sei jedoch falsch. „Wenn es länger dauert, einen Bauantrag genehmigt zu bekommen als nachher das Haus zu bauen, dann haben wir ein Problem“, machte Lindner vielmehr die Politik verantwortlich. Ein neues „Paket für bezahlbares Wohnen“ müsse Bauvorschriften entschlacken, für mehr Bauland sorgen und die von schwarz-gelb im NRW-Koalitionsvertrag versprochene Entlastung der Bürger bei der Grunderwerbsteuer endlich umsetzen.

Dass letzteres noch nicht passiert sei, ist laut Lindner dem Bundesrat geschuldet, wo ein entsprechender Antrag aus NRW verschleppt werde. Dass die schwarz-gelbe Landesregierung aber durchaus auch ohne den Bundesrat in der Lage wäre, den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer einfach zu senken und das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag auf diese Weise umzusetzen, verschwieg Lindner in seiner Rede.

Stamp zählte in seiner rund einstündigen Ansprache vor den rund 400 Delegierten in Duisburg unter häufigem Szenenapplaus die Erfolge seiner Partei innerhalb der schwarz-gelben Koalition auf. Dazu gehören aus seiner Sicht die relativ reibungslose Rückkehr der Gymnasien zum Abitur nach neun Jahren, Milliarden-Investitionen in die frühkindliche Bildung und der Abbau von Bürokratie. Dem Missbrauch-Skandal von Lügde, wo mindestens 40 Kinder und Jugendliche Opfer von Sex-Kriminellen wurden, widmete der Kinderminister des Landes allerdings weniger als eine Minute. Mit Blick auf die massiven Fehler in den Jugendämtern, die den Missbrauch mit ermöglicht haben, sagte Stamp: „Ich nehme mich des Themas an, obwohl es nicht in meine Zuständigkeit fällt.“ Verantwortlich für die Aufsicht der Jugendämter seien die Kommunen. Stamp: „Wir müssen alles tun, damit sich solche Fälle nicht wiederholen.“

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