Ausschreitungen in Wuppertal "Facebook-Partys notfalls verbieten"

Wuppertal (RP). NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) ermutigt Kommunen, Veranstaltungen zu untersagen, zu denen im Internet unbegrenzt viele Gäste eingeladen werden. Am Wochenende musste die Polizei eine Feier in Wuppertal auflösen, zu der 800 Teilnehmer erschienen waren.

Juni 2011: Facebook-Party in Wuppertal läuft aus dem Ruder
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Juni 2011: Facebook-Party in Wuppertal läuft aus dem Ruder

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"Die alljährliche ,Ascheweg Night' im Zentrum von Wuppertal-Ronsdorf. Ab sofort ist sie eine öffentlich bekannt gegebene Party!" Zwei Sätze, eingestellt bei Facebook, locken am Freitagabend statt des üblichen Grüppchens 800 Menschen nach Ronsdorf. Sie feiern laut, aber friedlich — bis 20.30 Uhr das erste bengalische Feuer gezündet wird. Die Polizei schreitet ein. 16 Personen werden verletzt, 41 in Gewahrsam genommen, drei wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte festgenommen. Die Kosten für den Einsatz von fast 180 Polizisten wird möglicherweise der Steuerzahler tragen müssen — der Computernutzer, der zu der Feier eingeladen hatte, war bis gestern Abend nicht identifiziert worden.

Wieder ist eine Facebook-Party außer Kontrolle geraten. Erst kürzlich waren in Hamburg 1500 Menschen der Einladung der 16-jährigen Thessa gefolgt und hatten in deren Nachbarschaft randaliert. Im westfälischen Lünen, wo am Samstag eine Veranstaltung mit dem Titel "Jugend braucht Freiraum" stattfinden sollte, hielt lediglich das schlechte Wetter die Feierfreudigen zu Hause. Im Aachener Elisengarten, wo vergangene Woche eine "dicke, fette Riesen-Party" steigen sollte, und im Düsseldorfer Stadtteil Hamm, wo für Pfingsten eine große Strandparty angekündigt war, schritten schließlich die Kommunen ein: Die Ordnungsämter sagten die Veranstaltungen ab, weil sie Ausschreitungen befürchteten. Von diesem Recht sollen die Städte in Zukunft engagierter Gebrauch machen, rät nun der nordrhein-westfälische Inneniminister Ralf Jäger (SPD).

Im Internet angekündigte Partys seien zwar "eine Form von Jugendkultur, die wir akzeptieren müssen", sagt Jäger. Trotzdem ermutigt er die zuständigen Ordnungsämter, die Veranstaltungen zu verbieten, "wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass es dabei zu Gewalttätigkeiten kommen könnte". Die Polizei habe die neuen Medien und besonders solche öffentlichen Einladungen bei Facebook zwar im Blick. Die Beamten könnten die Großveranstaltungen aber nur beobachten und sie mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln unter Kontrolle halten. Auflösen dürfen Polizisten solche "Partys" erst dann, wenn es bereits zu Zwischenfällen kommt — so wie am Freitag in Wuppertal.

Dort griffen die Beamten kurz nach 21 Uhr ein, als aus der feiernden Menge heraus Flaschen geworfen, Böller und Feuerwerkskörper gezündet wurden. Ein Polizeisprecher betont: "Nur etwa 100 der 800 Gäste waren nicht friedlich." Die 41 Teilnehmer, die in Gewahrsam genommen wurden, kamen demnach überwiegend aus der Szene der Ultras des Wuppertaler SV.

Genau das macht Facebook-Partys so gefährlich: Es ist nicht nur völlig unklar, wie viele Teilnehmer kommen, es ist vor allem schwer zu kalkulieren, wer dem Aufruf folgt. Gerade am Wuppertaler Ascheweg treffen sich häufig Jugendliche. Deshalb hatte die Stadt auch vorab keinen Grund gesehen, die Veranstaltung zu verbieten: Man könne niemandem im Vorfeld unterstellen, "dass er Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten im Sinn hat, nur weil er sich über eine Online-Plattform verabredet", stellt eine Sprecherin klar. Ob es künftig bei dieser Handhabe bleibt, wollen Vertreter der Stadt und der Polizei im Laufe der Woche besprechen. "Für uns stellt sich die Situation jetzt jedenfalls anders dar als vorher", meint dazu ein Polizeisprecher.

Facebook-Nutzern rät Innenminister Jäger, sich genau anzuschauen, wer zu einer Feier einlädt. Kenne man Veranstalter und Veranstaltungsort, sei die Gruppe der angeschriebenen Gäste begrenzt und schätze man diese als vertrauenswürdig ein, so sei gegen einen Besuch nichts einzuwenden. Im Zweifelsfall solle man lieber verzichten.

(RP)
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