Weltfrauentag EU will mehr Plätze in Frauenhäusern
Brüssel/Düsseldorf · Pünktlich zum Weltfrauentag hat der Haushaltsausschuss in Brüssel den Weg für eine Verdreifachung der Kapazitäten geebnet. Die NRW-Familienministerin begrüßt den Schritt, warnt aber vor zu hohen Erwartungen.
Die EU-Haushälter in Brüssel haben den Weg für eine deutliche Ausweitung der Frauenhausplätze geebnet. Die Parlamentarier stimmten im Haushaltsausschuss einer Stellungnahme zur neuen Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu. Alexandra Geese, Fraktionsvize der Grünen, sagte unserer Redaktion: „Es darf nicht mehr von Glück oder dem Wohnort einer Frau abhängen, ob sie Zuflucht in einem Frauenhaus findet oder nicht.“ Der Beschluss lege den Grundstein, um die Istanbul-Konvention in Europa durchzusetzen: „Das heißt, auf europäischer Ebene werden Mindeststandards gesetzt, sodass in den Mitgliedsstaaten eine bessere Versorgung mit Schutzplätzen, Beratungen und Notruf-Hotlines im Fall von Gewalt an Frauen und Mädchen gewährleistet werden kann.“
Nach Angaben des NRW-Innenministeriums hat sich das Problem der häuslichen Gewalt seit 2017 massiv ausgeweitet. So stieg die Zahl Fälle um 28,5 Prozent auf knapp 33.700 im vergangenen Jahr. Ein Ministeriumssprecher wies darauf hin, dass sowohl Frauen als auch, im geringen Anteil, Männer betroffen seien.
Künftig soll nach dem Willen der EU-Haushälter ein Familienplatz je 10.000 Einwohner finanziert werden. Das bedeutet für Deutschland eine Verdreifachung der Frauenhausplätze. Hierzulande gibt es bis zu 6800 Plätze für Frauen und Kinder. Bei 83 Millionen Bürgern würden künftig 8300 Familienplätze finanziert. Jeder Familienplatz wird im Schnitt mit zweieinhalb Betten berechnet für Frauen und ihre Kinder. Somit würden rund 21.000 Betten finanziert. Das entspräche einer Verdreifachung der heutigen Ausstattung. In NRW gibt es nach Angaben des Familienministeriums 666 Plätze in 67 Frauenhäusern.
NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) begrüßte die EU-Pläne, warnte jedoch vor übertriebenen Erwartungen an eine schnelle Umsetzung: „Wir gehen davon aus, dass die Richtlinie nach diesem erfolgreichen ersten Schritt den weiteren, parlamentarischen Prozess der EU erfolgreich durchlaufen und im Dezember abgeschlossen sein wird, sodass die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht übersetzt werden kann.“ Allerdings sei es so, dass im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens grundsätzlich keine Mittel für die Finanzierung von Schutzplätzen in Frauenhäusern bereitgestellt werden könnten: „Gleichwohl ist es ein gutes Signal, dass Schutzstandards für Frauen in allen Mitgliedsländern harmonisiert werden und es für den Mehrjährigen Finanzrahmen, der für die Zeit ab 2026 neu verhandelt wird, die Chance gibt, dass perspektivisch mehr Mittel in spezielle Förderprogramme fließen können.“
Die Opposition forderte das Land dagegen dazu auf, die Maßnahmen schnell umzusetzen. „Ministerin Paul muss diese herausragende Chance zum Schutz von Frauen nutzen und schnellstmöglich einen Plan vorlegen, wie die Anzahl an Schutzplätzen für Frauen in NRW kurzfristig erhöht werden kann“, sagte SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat: „Es sind viel zu viele Frauen, die aus Mangel an Schutzplätzen bei gewalttätigen Partnern bleiben. Die Chance, das jetzt zu beenden, muss genutzt werden.“
Nach einer Auswertung des Recherchenetzwerks Correctiv sind die Frauenhäuser in Deutschland überlastet. Demnach meldeten die Frauenhäuser im Schnitt 2022 an 303 Tagen, dass keine Aufnahme mehr möglich war. Wenn ein Platz frei wurde, war er oft schon nach wenigen Stunden wieder besetzt. In die Auswertung flossen Daten von 200 Frauenhäuser aus 13 Bundesländern ein.
Geplant sind seitens der EU neue Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer von Gewalt im Internet, die immer mehr Frauen trifft. So soll mit der neuen Richtlinie Cybergewalt unter Strafe gestellt werden, etwa die Weitergabe intimer Bilder ohne Zustimmung, Cyberstalking, Cybermobbing und Aufstachelung zu Gewalt oder Hass im Internet. „Der Ausschuss hat beschlossen, dass Hilfeeinrichtungen speziell für Fälle von Cybergewalt mehr Unterstützung für ihre Angebote erhalten, dazu zählen die Beratung über geeignete Rechtsmittel und technische Unterstützung etwa beim Schutz vor ,Stalkerware‘“, so Geese.