Skepsis in NRW EU-Politiker wollen strengen Schutzstatus des Wolfs lockern
Düsseldorf/Straßburg · Dass Wölfe unter strengem Artenschutz stehen, wird durch europäisches Recht festgelegt. Zunehmend machen EU-Politiker jetzt Druck, diese Regeln zu lockern. Die NRW-Landesregierung sieht das mit Skepsis.

Was tun, wenn der Wolf vor einem steht?
Auf europäischer Ebene nehmen Bestrebungen Fahrt auf, den Wolfsschutz zu lockern. Mit einem „Brandbrief“ an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) haben Politiker der großen EVP-Fraktion im EU-Parlament, zu der unter anderem die Vertreter der deutschen Unionsparteien gehören, jetzt noch einmal nachgelegt. Bereits zwei mal habe sich das Parlament inzwischen dafür ausgesprochen, den Schutzstatus des Wolfs zu lockern, schreiben sie darin. „Wir bedauern zutiefst, dass die Position des Europäischen Parlamentes einfach ignoriert wurde.“
Zu den Unterzeichnern gehört der Europa-Abgeordnete Jens Giesecke (CDU) aus Niedersachsen. Es werde „dringend Zeit, einen Plan vorzulegen“, forderte er gegenüber unserer Redaktion. Obwohl das Parlament mehr als deutlich Position bezogen habe, sei nicht zu erkennen, dass die Kommission tätig werde. Sie dürfe das Problem nicht aussitzen oder an die Mitgliedsstaaten delegieren.
Konkret beklagen die Abgeordneten, dass die EU-Kommission zuletzt dem Europarat empfohlen habe, einen Antrag zur Lockerung des Wolfsschutzes abzulehnen. Und zwar anlässlich einer Tagung des ständigen Ausschusses der Berner Konvention. In dieser haben sich zahlreiche Staaten über Artenschutzziele verständigt.
Erst im Herbst hatte es, ebenfalls auf Initiative der EVP-Fraktion, eine Resolution des Europa-Parlamentes gegeben: Die EU-Kommission möge dafür sorgen, dass der Wolf künftig nicht mehr „streng“ sondern nur noch „bedingt“ geschützt wird. Hinter der Forderung sammelte sich eine Mehrheit aus liberalen, konservativen und rechten Abgeordneten.
In NRW, wo es mit dem Kostenpflichtiger Inhalt Wolfsgebiet Schermbeck am Niederrhein eine Region mit verhältnismäßig vielen Wolfsangriffen auf Weidetiere gibt, sieht man die Diskussion mit zurückhaltender Skepsis. Noch habe es es keine Reaktion der EU-Kommission oder anderer Gremien gegeben, hieß es aus dem Landesumweltministerium von Oliver Krischer (Grüne). „Daher ist noch nicht abzusehen, ob es zu einer Veränderung der entsprechenden Richtlinie kommen wird“, erklärte ein Sprecher. „Wir verfolgen den Prozess aber natürlich intensiv und werden, falls es zu gesetzlichen Änderungen kommt, diese auch entsprechend in Nordrhein-Westfalen umsetzen.“ Zugleich betonte das Ministerium, dass man die Biodiversitätskrise bekämpfen wolle. „Eine Lockerung oder Aushöhlung des allgemeinen Artenschutzes würde den Bemühungen der Landesregierung zuwider laufen.“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) verfolgt die Entwicklung zunächst gelassen. „Ich glaube nicht, dass der Vorstoß erfolgreich ist“, sagte Artenschutz-Referentin Christine Thiel-Bender. Andernfalls würden Begehrlichkeiten geweckt, die Liste der bedrohen Arten ganz neu zu diskutieren: „Ich glaube nicht, dass die EU dieses Tor aufmachen will.“ Außerdem prognostiziert sie: Selbst wenn der Wolfsschutz gesenkt werden sollte, werde das für NRW zunächst wenig bedeuten. Es würde weiterhin besonderer Genehmigungen bedürfen, um ein Tier zu töten. Die Diskussionen darum hätten „sehr viel mit politischer Rhetorik und Symbolik zu tun“.
In NRW gibt es derzeit zwei Wolfspaare in den Wolfsgebieten Kostenpflichtiger Inhalt Schermbeck und Oberbergisches Land, außerdem ein einzelnes territorial fest ansässiges Tier in der Hohen Mark in Münsterland. Rudel in der Eifel bleiben überwiegend auf belgischer Seite und werden daher nicht zu NRW gezählt. Im Gebiet Senne-Egge haben sich wiederholt einzelne Wölfe für längere Zeit aufgehalten. Zum Vergleich: Nach Zahlen des Bundes gab es in Deutschland im Beobachtungsjahr 2021/2022 insgesamt 161 Rudel. Die meisten lebten in Brandenburg (47), gefolgt von Niedersachsen (34) und Sachsen (31).
Die Verfechter der Resolution des EU-Parlaments argumentieren, dass sich wichtige Rahmenbedingungen geändert hätten. Vor 30 Jahren seien Beutegreifer wie Wolf, Braunbär oder Luchs in der EU „praktisch ausgestorben“ gewesen, so der Südtiroler Christdemokrat Herbert Dorfmann, der ebenfalls zu den Unterzeichnern des jetzt verschickten Brandbriefes gehört. Kritiker fürchten, eine Aufweichung der Regeln könnte die bisherigen Fortschritte zunichte machen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, sie habe die Dienststellen ihres Hauses angewiesen, die verfügbaren Daten daraufhin zu überprüfen, ob der Wolf neu eingruppiert werden müsse.
Leidtragende eines Wolfsangriffs ist sie bereits selbst geworden: Im Herbst wurde ihr ein Pony ihrer Familie auf der Weide gerissen. Das verantwortliche Raubtier wurde später zum Abschuss freigegeben. Es hatte zuvor bereits mindestens ein Dutzend Schafe und Rinder getötet.