Nordrhein-Westfalen Koalitionskrach um neue Abschiebungen nach Afghanistan
Düsseldorf · NRW bereitet die Abschiebung von neun weiteren Flüchtlingen nach Afghanistan vor. Dem Vernehmen nach soll der Flug in der kommenden Woche starten. Die Grünen zeigen sich verärgert.
"Heute sind die Obleute des Innenausschusses darüber informiert worden, dass aus NRW neun Personen für den nächsten Abschiebeflug nach Kabul angemeldet wurden", sagte die Spitzenkandidatin der Grünen in NRW, Sylvia Löhrmann, gegenüber unserer Redaktion.
Löhrmann zeigte sich verärgert. Die mit dem Innenministerium vereinbarten Einzelfallprüfungen böten "offenbar keinen ausreichenden Schutz für die afghanischen Flüchtlinge", sagte Löhrmann und kündigte an: "Wir Grüne werden das Thema bei möglichen Koalitionsverhandlungen in NRW im Mai und auf Bundesebene oben auf die Agenda setzen."
Die Grünen lehnen Abschiebungen in das von bürgerkriegsähnlichen Zuständen gezeichnete Land ab, können sich damit aber nicht gegen ihren Koalitionspartner in NRW durchsetzen. NRW hatte gegen den Willen der Grünen schon mehrfach Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben. Innenminister Ralf Jäger hatte zuletzt eine sorgfältigere Einzelfallprüfung zugesagt.
Nun könnte der Koalitionsstreit eskalieren. In einem gestern gefassten Vorstandsbeschluss, der unserer Redaktion vorliegt, heißt es: "Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan fordert der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Landesinnenminister Ralf Jäger auf, einen Abschiebestopp für Afghanistan zu erlassen, um das Leben der Betroffenen zu schützen."
Im Umfeld des NRW-Innenministeriums hieß es am Freitag, Kraft und Jäger sähen keinen Anlass, die Abschiebepraxis von NRW zu ändern.