Neuer Einzelhandelserlass NRW erleichtert Bau großer Supermärkte in Innenstädten

Düsseldorf · Um mehr Märkte von der grünen Wiese in die Innenstadtlagen zu holen, passt Bauministerin Scharrenbach den Einzelhandelserlass an. Handel, Architektenkammer und Kommunen sind zufrieden. Doch um die Innenstädte zu stärken, ist auch der Bund gefragt.

 Eine Discounterfiliale in NRW.

Eine Discounterfiliale in NRW.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Das Land hat den Einzelhandelserlass, in dem Regeln zur Ansiedlung großer Supermärkte und Einkaufszentren enthalten sind, nach 13 Jahren angepasst. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sagte, in der Vergangenheit seien zu viele Einzelhandelsprojekte an langwierigen Klageverfahren oder kommunalen Planungsfehlern gescheitert. „Deswegen geben wir einen Kompass an die Hand, wie Fehlentwicklungen verhindert werden können – etwa den Rückzug von Märkten aus den Innenstädten in die Gewerbegebiete.“

Scharrenbach zufolge stärke das Land die Planungshoheit der Kommunen. „Früher mussten sie bei Verkaufsflächen von mehr als 800 Quadratmetern die Pläne den Bezirksregierungen vorlegen. Das hat unnötig die Prozesse verlangsamt. Eine echte Abstimmung mit der Bezirksregierung findet mit dem neuen Erlass erst ab 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche statt.“ Das spare Zeit und mache die Städte und Gemeinden handlungsfähiger. „Zugleich haben wir die Spielräume erweitert, um große Einzelhandelsunternehmen im ländlichen Raum oder in Wohngebieten anzusiedeln“, so die Ministerin weiter. „Wir geben den Gemeinden auch einen Beipackzettel an die Hand etwa für den Fall, dass ein großer Händler, mit einem großen Onlineangebot in die Gewerbegebiete abwandert. Was man dagegen unternehmen kann, dafür gibt es nun konkrete Hinweise.“

Natürlich seien die zentrumsnahen Flächen begrenzt, räumte die Ministerin ein. Deshalb habe das Land das Zusammenlegen kleinerer Ladenlokalen zu größeren Verkaufsflächen ermöglicht. „Auch ist es künftig einfacher, seit Längerem bestehende Märkte, die kleiner als 800 Quadratmeter sind, zu modernisieren und eben bis zu den 1200 Quadratmetern auszubauen“, sagte Scharrenbach.

Die kommunalen Spitzenverbände lobten den Erlass. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW, Christof Sommer, begrüßte insbesondere die klaren Kriterien für eine rechtssichere Planung und Genehmigung, etwa von Einkaufszentren oder große Lebensmittelmärkten. „Für die langfristige Entwicklung einer Region sind solche Angebote eine enorm wichtige Einflussgröße mit Auswirkungen auf Nahversorgung,“ Er begrüßte auch die gewachsenen Gestaltungsspielräume für die Kommunen.

Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, sagte: „Die Aktualisierung war wichtig, vor allem weil der steigende Online-Handel sich massiv auf den Vertrieb im stationären Handel auswirkt.“ Der Einzelhandelserlass sei allerdings kein Allheilmittel, um die Innenstädte zu beleben. „Das Ziel der Städte ist klar: Wir wollen attraktive Stadtzentren, neue und etablierte Nutzungen im bunten Mix, mehr Handwerk, mehr Wohnen. Von diesen Impulsen wird auch der Einzelhandel profitieren.“

Scharrenbach verwies in diesem Zusammenhang auf den Bund: „Wir haben mit dem Erlass unsere Hausaufgaben gemacht.“ Jetzt müsse der Bund auch liefern und endlich eine Innovationsklausel im Baugesetzbuch schaffen, weil die Innenstädte sich so rasant änderten, durch Corona noch einmal deutlich schneller, das Recht damit aber nicht Schritt halte. „Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, Dinge auszuprobieren. Da wünsche ich mir mehr Mut vom Bund, um die Innenstädte zu erhalten.“ Außerdem forderte die Ministerin Chancengleichheit zwischen Onlinehandel und stationärem Handel. „Wir haben eine Unterregulierung im Onlinebereich. Der Bund muss dafür Sorge tragen, dass das Waffengleichheit herrscht. Ein Beispiel: Das Bundesrecht bezieht sich bislang nur auf Quadratmeterzahlen, nicht auf das angebotene Sortiment. Das wäre schon einmal ein Anfang.“

Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW, pochte darauf, man brauche neue Möglichkeiten der Planung in den Innenstädten. „Wir müssen weg kommen von der monofunktionalen Nutzung städtischer Handelsimmobilien. Wohnen, Dienstleistungen, Kultur und stadtvertragliches Gewerbe können dort jetzt erneut zusammengeführt werden.“ Rainer Gallus, Geschäftsführer beim Handelverband NRW, sagte, erst in den konkreten Anwendungsfällen der nächsten Monate werde sich zeigen, ob sich der überarbeitete Erlass in der Praxis bewähren könne.

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