NRW erwartet nicht viel Düstere Prognosen vor dem Berliner Bildungsgipfel
Düsseldorf · Elternvertreter glauben nicht an einen Erfolg, die Schulministerin reist nicht hin, der Lehrerverband wünscht sich ein „Bekenntnis“ zur Schulfinanzierung. Die Erwartungen vor dem zweitägigen Bildungsgipfel sind nicht hoch.
Vor dem zweitägigen Bildungsgipfel von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in Berlin, der am Dienstag beginnt, sind die Erwartungen in Nordrhein-Westfalen – vorsichtig ausgedrückt – verhalten. NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) wird schon mal nicht dabei sein. Die Bundesländer waren im Vorfeld nicht in die Planungen einbezogen worden. Daher gebe es für die Zusammenkunft „keine gemeinsame Arbeitsgrundlage“, hieß es zur Begründung aus dem NRW-Schulministerium.
Wenn es darum gehe, Schulen möglichst gut zu unterstützen, werde sich Nordrhein-Westfalen engagiert an der Lösungssuche beteiligen. „Ob die Zusammenkunft, zu der der Bund eingeladen hat, hierzu einen Beitrag leisten kann, bleibt abzuwarten.“ Man werde, ebenso wie andere Bundesländer auch, auf „Arbeitsebene“ bei der Veranstaltung dabei sein, das heißt: Behördenvertreter reisen nach Berlin.
Christian Beckmann, Vorsitzender der Landeselternkonferenz, blickte ernüchtert auf Teilnehmerliste und Programm. „Dabei kann nicht viel herauskommen“, prognostizierte er. „Ich sehe da nichts, was uns dabei voranbringt, den Lehrermangel zu bekämpfen. Nichts, was die Kommunen in die Lage versetzte, mehr Schulplätze zu schaffen.“ Die offenen Fragen lägen eigentlich auf dem Tisch: „Wie bringen wir mehr Menschen ins Bildungssystem? Wie kriegen wir die Kinder da abgeholt, wo sie sind, damit nicht so viele die Schule abbrechen?“ Es sei nicht sinnvoll, die allseits bekannten Herausforderungen unverbindlich noch und noch einmal zu besprechen. „Wenn reihenweise Kultusminister nicht mal dabei sind, um Ergebnisse mit nach Hause zu nehmen, dann kann man sich das doch sparen.“
Bei dem Bildungsgipfel sollen Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Kommunen und zivilgesellschaftlichen Institutionen über die Probleme in der Bildungslandschaft diskutieren. Angekündigt ist die Veranstaltung als Auftakt zu einer „neuen Kultur der Zusammenarbeit“. Tatsächlich gibt es zwischen Bund und Ländern genügend Konfliktstoff, wenn es um Geld und Kompetenzen geht. Einerseits wollen die Bundesländer nicht, dass ihre Autonomie in der Bildungspolitik angekratzt wird. Andererseits wird die Forderung immer lauter, der Bund möge in der Schulfinanzierung deutlich mehr Verantwortung übernehmen.
„Die Finanzfrage müsste im Mittelpunkt stehen. Da müsste ein Bekenntnis kommen“, bekräftigte Andreas Bartsch, Präsident des Lehrerverbandes NRW. „Fördertöpfe bringen nichts. Es muss seine Regelung her, durch die die Länder und Kommunen verlässlich über Geld des Bundes verfügen können.“ Abgesehen davon zeichnete er ein düsteres Bild von der Lage: „Das ganze System ist völlig erschöpft. Wir haben volle Klassen, alle gehen am Stock, und wir haben schlechte Ergebnisse in Bildungsstudien.“
Politische Akteure aus NRW sehen den Berliner Gipfel auch durch die jeweilige parteipolitische Brille. Kritik kam von der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. „Dass die Bundesbildungsministerin nun zu einem Bildungsgipfel einlädt, ohne eine Struktur für einen erfolgreichen und konstruktiven Arbeitsprozess mit den Ländern, löst bei uns schlicht Unverständnis aus“, sagte die Abgeordnete Claudia Schlottmann. „Die Länder müssen eingebunden werden, sodass gemeinschaftlich an Lösungsschritten gearbeitet werden kann.“
Freundlicher klangen Vertreter der Ampel-Parteien. „Es müssen alle an einen Tisch. Die Probleme sind so groß, dass man sie nur gemeinsam lösen kann“, sagte der Bildungsexperte der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Ott. Man hätte sich daher gewünscht, dass alle Schulminister zugesagt hätten.
„Wir haben parteiübergreifend lange Zeit mehr Engagement des Bundes in Schulfragen gefordert, zum Beispiel bei der Digitalisierung, für mehr Personal in unseren Schulen, Inklusion und Integration“, sagte Franziska Müller-Rech (FDP). „Wir fordern daher alle politischen Ebenen auf, mit uns zusammen konstruktiv die Probleme in unseren Schulen zu beheben.“
Es brauche eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern, betonte auch Lena Zingsheim-Zobel (Grüne) und schloss sich der Forderung nach verlässlicher finanzieller Hilfe an: „Dazu muss auch über langfristige Unterstützungen seitens des Bundes gesprochen werden, statt von Förderprogramm zu Förderprogramm zu denken."