„Neues Mindset“ gefordert Eine Grundsatzdebatte um Gülle

Düsseldorf · Die einen fordern Ausnahmen für Bauern, die anderen eine neue Landwirtschaft. Am Mittwoch ging es im Landtag um die neue Düngeverordnung in NRW. Ein Thema, das grundsätzliche Fragen aufwirft.

 Ein Traktor im Gerstenfeld (Symbolbild). Um wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten, müssen Landwirte düngen können. In weiten Teilen von NRW ist der Gebrauch aber ab sofort deutlich eingeschränkt.

Ein Traktor im Gerstenfeld (Symbolbild). Um wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten, müssen Landwirte düngen können. In weiten Teilen von NRW ist der Gebrauch aber ab sofort deutlich eingeschränkt.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Soll das Land alles dafür tun, dass viele Landwirte möglichst bald wieder mehr düngen dürfen? Oder sollte es stattdessen dafür sorgen, dass es sich für die Betriebe lohnt, umweltschonender zu arbeiten? In der Diskussion über die neue Düngeverordnung, geführt im Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss des Landtages, ging es am Mittwoch um Grundsatzfragen.

Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) hält das Verfahren, mit dem NRW jetzt ermitteln muss, wo die Böden überdüngt sind, für einen „Rückschritt“, machte sie klar. Sie pocht auf Änderungen: Der Bund müsse für Ausnahmeregelungen sorgen, und zwar schnell. „Die Sache darf nicht liegenbleiben“, forderte sie.

Durch die neuen Regeln, die die EU-Kommission verlangt, wird ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche in NRW zum „Roten Gebiet“. Dort müssen die Landwirte erheblich an Dünger sparen. Bislang hatte NRW durch eigene Mess- und Berechnungsmethoden wesentlich kleinere rote Flächen ermittelt. Das sei fachlich und in der Landwirtschaft anerkannt und „für uns eine richtig gute Lösung“, gewesen, hieß es von der CDU-Fraktion. Die Betriebe hätten praktisch bis gestern noch „nach guter fachlicher Praxis“ wirtschaften können, jetzt sei „über Nacht“ alles anders.

Doch von den Koalitionspartnern der CDU in der Landesregierung, den Grünen, gab es Gegenwind gegen dieses Stoßrichtung. Die neuen Vorschriften gebe es nicht aus Jux und Dollerei, sagte Sprecher Norwich Rüße. Und in anderen Bundesländern seien die Roten Gebiete durch die Umstellung um etwa 50 Prozent angewachsen: „Wir in NRW habe eine Verdreifachung.“ Es sei nie klug gewesen, die nitratbelasteten Bereiche „kleinzurechnen“. Stattdessen müssen man einen Weg finden, „einer umweltverträglichen Landwirtschaft auch den Absatz ihrer Produkte zu ermöglichen“.

„Das Problem, über das wir hier reden, ist mindestens 20 Jahre alt“, sagte auch der umweltpolitische Sprecher der SPD, René Schneider. Im Ministerium müsse sich jetzt „das Mindset ändern“, forderte er. Es sei zwar richtig, die Landwirte zu unterstützen. „Aber das Ziel der ganzen Geschichte ist doch der Schutz des Wassers.“ Es gehe darum, Nitratwerte aktiv zu senken „und uns nicht aus dem Problem herauszumessen“.

Irritationen gab es auch um den geplanten Ausbau des Netzes an Grundwasser-Messstellen, an denen der Nitratgehalt des Wassers ermittelt wird. Das Land plant binnen der nächsten Jahre die Einrichtung 70 weiterer solcher Punkte. Eine Hoffnung ist, dass dann – durch kleinteiligere Messgebiete – gegebenenfalls wieder Areale aus dem Roten Bereich herausfallen.

Diese Hoffnung sei allerdings „fachlich nicht abgesichert“, hieß es dazu vom Landesumweltamt: Es könne vielleicht so kommen, müsse aber nicht der Fall sein. Vielleicht, so die unterschwellige Botschaft, werden künftig auch einfach nur an 70 weiteren Stellen hohe Nitratwerte gemessen. Zumal das Netz heute bereits 1300 Punkte umfasst und der angedachte Ausbau mehrere Jahre dauern wird.

Die Landesdüngeverordnung tritt am 1. Dezember in Kraft. Frühestens in einem Jahr werde man abschätzen können, welche wirtschaftlichen Folgen sie für die Betriebe tatsächlich hat, sagte Ministerin Gorißen. Diese müssten außerdem in neue Technik investieren, um präziser und besser düngen zu können.

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