Tumulte mit den Rechten am Wahlabend in Dortmund Minister Jäger stellt sich auch im Innenausschuss vor die Polizei

Düsseldorf/Dortmund · Verletzte, Anzeigen und gegenseitige Schuldzuweisungen – das ist die Bilanz des Kommunalwahlabends in Dortmund, nachdem Anhänger der Partei Die Rechte versucht hatten, das Rathaus zu stürmen. Nun hat sich auch der Innenausschuss des Landtages in NRW mit dem Thema beschäftigt. Doch den Bericht des Innenministeriums über den Polizeieinsatz will der zuständige Minister Ralf Jäger nicht "politisch korrigieren".

Dortmund: Rechtsradikale wollen Wahlparty stürmen
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Verletzte, Anzeigen und gegenseitige Schuldzuweisungen — das ist die Bilanz des Kommunalwahlabends in Dortmund, nachdem Anhänger der Partei Die Rechte versucht hatten, das Rathaus zu stürmen. Nun hat sich auch der Innenausschuss des Landtages in NRW mit dem Thema beschäftigt. Doch den Bericht des Innenministeriums über den Polizeieinsatz will der zuständige Minister Ralf Jäger nicht "politisch korrigieren".

Die Kritik an der Polizei kam schnell auf nach dem Abend des 25. Mai. Der Vorwurf: Die Beamten sollen die Lage unterschätzt und Hinweise auf das Auftreten der Neonazis ignoriert haben. Die Polizei aber wehrte sich, nannte den Einsatz immer wieder gerechtfertigt. Und so sieht es auch das NRW-Innenministerium in seinem Bericht an den Fachausschuss des Landtages, der am Mittwoch für massive Kritik gesorgt hatte. Entsprechend wurde der Auftritt von Minister Ralf Jäger (SPD) im Innenausschuss am heutigen Donnerstag mit Spannung erwartet.

Und Jäger stellte sich erneut vor die Polizisten. "Die Polizei muss — auch wenn es um Parteien aus dem extremistischen Spektrum geht — nach Recht und Gesetz handeln", betonte der Minister. Denn der Zugang der Rechten zum Rathaus durfte ihnen nicht verwehrt werden. Zumal mit Siegfried Borchardt, genannt "SS-Siggi" ein Neonazi in die Ratsversammlung gewählt worden war.

Doch die Kritik an Jäger richtet sich inzwischen weniger auf den kritisierten Polizeieinsatz, sondern vielmehr auf Aspekte des Berichts, in denen die Gegendemonstranten insbesondere aus den Reihen der Politik kritisiert werden. So hieß es darin, dass alkoholisierte Politiker untereinander gestritten und polizeiliche Ansprachen ignoriert hätten. Sie sollen auch "Druck auf die Beamten ausgeübt" und ihre Amtshandlungen erheblich gestört haben.

Kritik von allen Seiten

Das hatte 22 Dortmunder Politiker, darunter auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Daniela Schneckenburger, die am Wahlabend von einem Faustschlag eines Rechten niedergeschlagen worden war, auf den Plan gerufen. In einer gemeinsamen Erklärung wandten sie sich gegen Teile des Berichts. Und auch aus der eigenen Partei selbst bekam Jäger Gegenwind — von SPD-Fraktionschef Norbert Römer, der den Bericht "mit sehr viel Empörung zur Kenntnis genommen habe", wie er am Mittwoch sagte.

Und genau diese Empörung zeigte sich am Donnerstag auch im Innenausschuss. Der Dortmunder Abgeordnete der Piraten, Torsten Sommer, kritisierte, der Bericht enthalte nichts über die Zivilcourage der Bürger und auch nichts über alkoholisierte Rechte. Auch der Geschäftsführer der Grünen-Stadtratsfraktion, Stefan Neuhaus hatte sich bereits am Mittwoch ähnlich geäußert. Er habe angesichts der Vorwürfe erstmal vor Wut gegen den Schreibtisch treten müssen, zitiert ihn die "Süddeutsche Zeitung". "Da werden Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern gemacht", sagt er. Die Tatsachen würden völlig verdreht.

Jäger aber stellte am Donnerstag im Innenausschuss klar: "Ich denke nicht eine Sekunde darüber nach, solche Berichte politisch zu korrigieren." Der Bericht sei eine persönliche Darstellung der Einsatzbeamten und kein politisches Manifest. Die politische Bewertung des Einsatzes habe er nicht in dem Papier, sondern nun im Ausschuss vorgenommen — was ihm widerum Kritik von CDU und FDP einbrachte, die ihm vorwarfen, sich von dem Bericht zu distanzieren.

Polizeipräsident will alle Demokraten an einen Tisch holen

Auch Polizei-Inspekteur Dieter Wehe berichtete von "einer Handvoll" alkoholisierter Lokalpolitiker am Wahlabend. Es habe "Alkoholgeruch in der Luft gelegen" und einige hätten geschwankt. Zudem sei bei einer Person im Rathaus "ein halb volles Bierglas beobachtet worden. Namen nannten aber weder er noch Jäger.

Der Innenminister versuchte dennoch, die Wogen irgendwie zu glätten und warnte vor einer Spaltung der Demokraten angesichts der Partei Die Rechte und des Vorfalls vom Abend. Und er könne die Wut der Demokraten zutiefst nachempfinden. "Sie wollten Gutes bewirken; sie wollten einen Ort der Demokratie nicht widerstandslos den Neonazis überlassen", sagte er. Alle Beteiligten müssten sich aber selbstkritisch fragen, ob die gute Absicht auch dem guten Zweck gedient habe.

Ob mit der Sitzung des Innenausschusses aber tatsächlich Ruhe einkehrt in Sachen Wahlabend, scheint fraglich zu sein. Allerdings werden sich die Beteiligten wohl wieder zu Gesprächen an einen Tisch setzen. So hatte nicht nur der SPD-Unterbezirksvorstand Jäger nach Dortmund eingeladen, um mit ihm den Bericht zu diskutieren, wie die "Ruhr-Nachrichten" schreiben, sondern auch der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange will "alle demokratischen Kräfte, die sich gegen rechtsextremistische Verfassungfeinde engagieren", zu einem Gespräch an den Tisch setzen.

mit Agenturmaterial von dpa

(das)
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