Erste Sitzung des neuen Landtags Das ist das neue NRW-Landtagspräsidium

Düsseldorf · In seiner ersten Sitzung am heutigen Mittwoch wurde das neue Landtagspräsidium gewählt. Während der neue Präsident der alte ist, gibt es drei neue, aber bekannte Gesichter.

Sie sollen das neue Landtagspräsidium sein
5 Bilder

Sie sollen das neue Landtagspräsidium sein

5 Bilder
Foto: dpa/Christophe Gateau

Bei der ersten Sitzung des Landtags haben die Abgeordneten ein neues Präsidium gewählt.

André Kuper (CDU)

Der neue ist auch der alte Landtagspräsident. Seit 2017 ist der höfliche Westfale André Kuper höchster Repräsentant des Landtags. Kuper ist Berufspolitiker durch und durch. Der Verwaltungsfachwirt war 15 Jahre lang Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Rietberg, ehe er 2012 erstmals in den Landtag einzog. Seinen Wahlkreis Gütersloh III hat er bei der Landtagswahl am 15. Mai mit 53 Prozent direkt gewonnen. Eine Absicherung über die Liste gab es auch diesmal nicht.

Der CDU-Politiker kämpft unermüdlich dafür, dass der Landtag ein offenes Haus der Bürger bleibt. Dafür hat Kuper die Besuchsprogramme noch einmal drastisch ausgeweitet – zumindest bis zur Corona-Pandemie. Sein freundlich, präsidiales Auftrete sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kuper durchaus robust vorgehen kann. Gegen Störer von Extinction Rebellion machte er von seinem Hausrecht Gebrauch und erstattete Strafanzeige. Auch bei der Sitzungsleitung achtet er penibel darauf, dass sich die Abgeordneten so verhalten, wie es dem hohen Hause gebührt. Weil die AfD ihre Störungen während der Plenardebatte gerne in die Sozialen Medien verlagerte und von dort wüst die anderen Fraktionen beschimpfte, beauftragte er ein Rechtsgutachten. Seitdem ahndet er auch solche digitalen Störungen. Zuletzt lieferte er sich mit der AfD eine gerichtliche Auseinandersetzung. Kuper hatte einen Gesetzantrag der AfD nicht angenommen, weil darin explizit eine Mitarbeiterin des WDR aufgeführt war und Kuper darin eine Verletzung von deren Persönlichkeitsrechten sah. Den Rechtsstreit entschied er für sich.

CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen brachte es zuletzt auf folgende zutreffende Beschreibung: „Er hat sein Amt souverän, überparteilich und unabhängig ausgefüllt und sich fraktionsübergreifend großen Respekt unter den Parlamentarierinnen und Parlamentariern verdient.“

Rainer Schmeltzer (SPD)

Um den Staatsminister a.D. war es in letzter Zeit recht ruhig geworden. Schmeltzer hatte das Amt des Arbeits- und Sozialministers im Kabinett Kraft von Guntram Schneider geerbt, der den Posten auf eigenen Wunsch aufgegeben hatte. Schmeltzer schaffte es in der kurzen Zeitspanne bis zur Abwahl von Rot-Grün nicht, einen Bekanntheitsstatus zu bekommen, den beispielsweise Amtsinhaber Karl-Josef Laumann genießt. Nach der Wahlniederlage 2017 blieb der Westfale zwar Mitglied des Landtags, seine Themenfelder sorgten dafür, dass er eher im Verborgenen wirkte. Bei der Kommunalwahl 2020 bemühte er sich vergeblich um das Amt des Bürgermeisters seiner Geburtsstadt Lünen.

Schmeltzer absolvierte eine Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Danach arbeitete er als Wohnungsfachwirt und als Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), die später in Verdi aufging.

Seinen Wahlkreis Unna II, den einige scherzhaft als die eigentliche Herzkammer der Sozialdemokratie bezeichnen, hat er bei der Landtagswahl am 15. Mai souverän gegen Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) verteidigt, der selbst Listenplatz zwei bislang noch nicht zum Einzug in den Landtag verhalf. In der Fraktion setzte sich Schmeltzer gegen die Genossin Elisabeth Müller-Witt durch, die ebenfalls Ambitionen auf den Posten der Landtags-Vizepräsidentin gehabt haben soll.

Berivan Aymaz (Grüne)

Die einzige Frau im neuen Landtagspräsidium, Berivan Aymaz, strahlte kürzlich beim Landesparteirat der Grünen über das ganze Gesicht, als die Kölner Abgeordnete, die ihren Wahlkreis diesmal direkt gewann, auf der Bühne ihren Sondierungserfolg beim Thema Integration den Delegierten schilderte. Aymaz wurde in Bingöl, einer kurdischen Provinz, geboren und kam im Alter von sechs Jahren als Tochter des Kulturattachés der türkischen Botschaft nach Deutschland – und verlor nach dem Putsch des Militärs ihren Pass. Sie hat Jura und Politikwissenschaft studiert und lange als Übersetzerin und Moderatorin gearbeitet. Seit 2017 gehört sie dem Landtag an.

Wegen ihrer offen kritischen Haltung gegenüber der Ditib hatten türkische Staatsmedien zuletzt eine Kampagne gegen Aymaz gefahren, und türkische Nationalisten angestachelt, so dass die Grünen-Politikerin zeitweise Personenschutz erhielt. Die Landtagsfraktionen solidarisierten sich darauf mit ihr. Aymaz gewann ihren Wahlkreis in der Kölner Innenstadt, Deutz und Kalk direkt. Die im Zuge von „Mallorca-Gate“ zurückgetretenen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) war chancenlos gegen die Grüne. Spannend dürfte werden, wie Aymaz ihre überparteiliche Rolle gegenüber der AfD wahrnimmt, mit der sie sich hitzige Wortgefechte in der zurückliegenden Legislaturperiode lieferte.

Christof Rasche (FDP)

Es war schon einigermaßen bemerkenswert, wie Christof Rasche Kandidat der FDP für das Landtagspräsidium wurde. Wer die Mechanismen der Macht und die Unbarmherzigkeit von Politik live miterleben wollte, konnte dies am Montag dieser Woche tun: Da erklärte Rasches rechte Hand, Henning Höne, den überraschte Journalisten, dass er nun neuer Fraktionschef der Liberalen sei. Überrascht waren viele, weil zwei Tage nach der krachend verloren gegangenen Landtagswahl die FDP noch erklärt hatte, der aus Erwitte stammende Rasche werden die Fraktion auch weiterhin führen. Er steht an ihrer Spitze seit Oktober 2017, also seit dem Weggang von Christian Lindner nach Berlin.

Rasche ist neben seinem CDU-Counterpart Bodo Löttgen mit dafür verantwortlich, dass keine Abstimmung in den fünf Jahren Schwarz-Gelb trotz nur einer Stimme Vorsprung verloren ging. Dass der Ostwestfale, der bis zu seinem Landtagseinzug im Jahr 2000 eine Sparkassenfiliale leitete, die nötige Überparteilichkeit besitzt, um sein neues Amt auszufüllen, daran zweifelt im Übrigen niemand im Düsseldorfer Landtag. Selbst wenn es im hohen Hause hitzig zur Sache ging, zuletzt insbesondere zwischen FDP und Grünen, war er einer, der auch immer versuchte, sich die Freundlichkeit zu bewahren.

Seine Wahl verlief am Ende nicht ganz unfallfrei. Wegen falscher Stimmzettel musste der Vorgang abgebrochen werden und konnte erst nach einer Neuanfertigung der Stimmzettel fortgesetzt werden.

Die AfD schickte gegen Aymaz ohne Erfolg den Abgeordneten Daniel Zerbin ins Rennen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort