Kuriose Anfrage im Landtag "Das Zombie-Bügeleisen aus der Hölle"

Düsseldorf · Aufgrund der Anfrage eines Abgeordneten der Piraten hat sich die Landesregierung mit der Frage befasst, welche Gefahr von chinesischen Haushaltsgeräten für die Datensicherheit im Land ausgeht.

Mag sein, es gibt den Ort Xinpuzhen irgendwo in China wirklich. Mag sein, dass es dort eine Zhangxin Road gibt. Und vielleicht existiert dort wirklich eine "Ningbo Scarlett Electrical Technology Company", bei der eine "Miss Aileen" ans Telefon geht oder ein "Mr. Zhun" die Mail seines Yahoo-Kontos liest. Vielleicht werden dort wirklich seit drei Jahren absurde Tisch-Grills mit vier oder fünf rotierenden Döner-Spießen hergestellt. Und Bügeleisen der Marke "Scarlett". Steht alles so irgendwo im Internet, aber weiß man, ob das alles stimmt?

Die NRW-Landesregierung jedenfalls weiß es nicht. Sie nennt das Scarlett-Bügeleisen-Modell SC-334S schlicht das "Zombie-Bügeleisen aus der Hölle". Und "Zombie-Bügeleisen aus der Hölle" ist auch die Überschrift, die Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) für die Landtags-Drucksache 16/4793 gewählt hat, die auf eine besorgte Anfrage des Landtagsabgeordneten Daniel Schwerd von den Piraten Antwort geben soll.

"O du Ausgeburt der Hölle!"

Die Hölle ist einem Zitat aus Goethes "Zauberlehrling" entlehnt, das der Antwort vorangestellt ist: "O du Ausgeburt der Hölle!" Viele Fragen bleiben aber offen. Klar ist: Die Spur des "Zombie-Bügeleisens" führt von Xinpuzhen über Moskau, Leningrad und London mit Zwischenhändlern bis nach Hamburg. Das hat ein Blogger aus Kaufbeuren herausgefunden.

Vielleicht wissen die Russen mehr. Das vermuten jedenfalls die Briten, genauer gesagt die BBC, die im vergangenen Herbst durch einen Bericht des russischen Staatssenders "Russia 24" auf das geheimnisvolle Bügeleisen aufmerksam wurde. Während schon die Bedienungsanleitung warnt, "das Eisen kann etwas qualmen, wenn es das erste Mal in Betrieb genommen wird", hegen die Russen einen weit gespenstischeren Verdacht gegen das chinesische Dampfbügeleisen.

Oder wie es in der Landtagsdrucksache 16/4793 heißt: "In Russland sollen in Elektrogeräten chinesischer Herkunft WLAN-Chips entdeckt worden sein, welche die Funktion haben, Computer über unverschlüsselte Drahtlos-Netzwerke mit Malware (schadhafter Software) zu infizieren."

Bei den entdeckten elektronischen Zombie-Geräten handele es sich nicht nur um komplexe Geräte wie Mobiltelefone und Armaturenbrett-Kameras, sondern auch um so simple Haushaltsgeräte wie Wasserkocher und Bügeleisen. Die BBC vermeldet, die Russen hätten berichtet, ein offizieller russischer Zollsprecher habe gesagt, jüngste Lieferungen solcher heimtückischen Geräte habe man nach China zurückgeschickt. Aber mehr als 30 solcher Zombiegeräte seien an Weiterverkäufer in St. Petersburg gegangen.

Remmels Antwort

In der Vorbemerkung zu Remmels Antwort — immerhin ausgestellt im Namen der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung — heißt es dazu, die einzelnen Zombie-Geräte seien äußerlich völlig harmlos. Um ihr unheilvolles Werk zu verrichten, würden sie sich per WLAN mit offenen Netzwerken verbinden, um die angeschlossenen Computer zu infizieren. Die Reichweite eines Zombie-Bügeleisens betrage bis zu 200 Meter.

Die Landesregierung räumt ein, dass ihr bislang "keine praktikablen bzw. zertifizierten Prüfmethoden" bekannt seien, "um derartige Geräte mit vertretbarem Aufwand ausfindig zu machen". Und das gibt sie auch ganz offen auf die Frage des Piraten Schwerd zu, ob irgendwo beim Land wohl Haushaltsgeräte unklarer Herkunft im Einsatz seien, in die Spionage-Chips eingebaut sein könnten.

Zu Schwerds Frage, "von welcher Art Zombie-Haushaltsgerät (Wasserkocher, Bügeleisen etc.)" wohl die größte Gefahr für Landesbehörden, Betriebe und Privatpersonen ausgehe, verweist Umweltminister Remmel auf die Verbraucherzentrale NRW, die das Gefährdungspotential nach der "aktuellen Tatsachenlage" als eher gering einschätze, weil "ein Angriff mit manipulierten Haushaltsgeräten kaum eine zielgerichtete Wirkung hätte und nur zufällige und — im Gegensatz zu konventionellen Cyber-Angriffen, bei denen Millionen von Daten ausgespäht werden — wenige Opfer träfe".

"Überlastung vermeiden"

Bevor der Abgeordnete dem Eindruck erliegen konnte, seine Kleine Anfrage an die Landesregierung werde vielleicht nicht ganz für voll genommen, versicherte ihm Remmels Ministerium, ganz losgelöst von den Zombie-Bügeleisen unterstütze man zahlreiche Aktivitäten zur Aufklärung und Kompetenzvermittlung im Hinblick auf die Sicherheit in der digitalen Welt.

Oder wie es in der Bedienungsanleitung aus Xinpuzhen heißt: "Um eine Überlastung zu vermeiden, sollten Sie kein anderes Gerät mit hoher Wattleistung im gleichen Stromkreis verwenden." Wahrscheinlich sendet das Zombie-Bügeleisen sonst einfach nicht.

(RP)