Suche nach einer NRW-Koalition Das Störfeuer der Linken

Die Ankündigung der Linkspartei, SPD-Chefin Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin einer Minderheitsregierung zu wählen, bringt neue Dynamik in die Bildung möglicher Regierungsbündnisse. Eine Tolerierung durch die Linke wäre für Rot-Grün aber mit hohen Risiken behaftet.

Rot-rot-grüne Sondierungsgespräche gescheitert
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Wolfgang Zimmermann, der Chef der Linken im Landtag, ist gut gelaunt. Nach dem Scheitern von Rot-Rot-Grün wurde seine Partei kaum beachtet, jetzt sind die Kameras wieder auf die Linke gerichtet. "Wir wären bereit, eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen zu tragen", erklärte er am Montag im Landtag. Nur mit den Linken lasse sich ein "Politikwechsel in NRW" durchsetzen.

Am Tag vor dem Sondierungsgespräch von SPD, Grünen und FDP zur Bildung einer Ampel hat sich die Linkspartei mit einem gezielten Störfeuer zurückgemeldet. Die Offerte, die SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft zur Chefin einer Minderheitsregierung zu wählen, soll den Widerstand der linken Flügel von SPD und Grünen gegen einen Ampel-Kompromiss verstärken. Die Abschaffung von Studiengebühren und Kopfnoten seien durch Anträge von Rot-Rot-Grün sofort umsetzbar, ködern die Linken.

Druck nimmt zu

Das Angebot der Linken bringt neue Dynamik in die Bildung möglicher Regierungsbündnisse. Sofort forderte die CDU die SPD auf, "Farbe zu bekennen": "Gilt die Absage an die Linken oder gilt sie nicht?", fragte CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid.

Bei den Grünen zog man sich mit dem Hinweis auf Fristen aus der Affäre. Der Antrag der Linkspartei zur Abschaffung der Studiengebühren verkenne die Dauer des Gesetzgebungsverfahrens. Grünen-Chefin Daniela Schneckenburger sagte, das Tolerierungs-Angebot der Linkspartei sei "im Moment kein Thema". Die Grünen wollten zunächst ausloten, ob in den Verhandlungen mit der FDP eine tragfähige Regierung entstehen könne.

Und wenn das nicht gelingt? Der Druck, die amtierende Regierung abzulösen, nimmt zu. Sylvia Löhrmann, die Spitzenkandidatin der Grünen, sagte unserer Redkation: "Die Menschen brauchen auch ein Signal, dass das Wählervotum umgesetzt wird." Es könne nicht sein, dass Jürgen Rüttgers (CDU) "weiter durchs Land wandelt und so tut, als sei er der von der Bevölkerung getragene" Ministerpräsident.

Unwägbare Risiken

"Allmählich muss sich abzeichnen, in welche Richtung es geht", forderte Löhrmann. In der SPD wird die Bildung einer Minderheitsregierung längst nicht mehr ausgeschlossen. In der Parteiführung ist man sich allerdings auch der unwägbaren Risiken eines solchen Unterfangens bewusst.

Risiko eins: Wer garantiert, dass Hannelore Kraft bei der Wahl zur Ministerpräsidentin tatsächlich genügend Stimmen auf sich vereinigt? Bärbel Beuermann, Fraktionschefin der Linken, verweigerte am Montag ein offenes Bekenntnis zu Kraft. Unklar ist auch, ob die eigenen Reihen völlig geschlossen sind.

In der SPD haben viele das Schicksal von Heide Simonis vor Augen, die in Schleswig-Holstein nach der gescheiterten Wahl zur Ministerpräsidentin in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwand.

Risiko zwei: Die Verabschiedung des Landeshaushalts. In der SPD ist man sich sicher, dass die Linkspartei einen Spar-Etat nicht mittragen wird. Eine rot-grüne Minderheitsregierung würde dann wohl spätestens im Winter handlungsunfähig und deshalb platzen. "Das könnte verheerende Folgen für den Wahlausgang in Rheinland-Pfalz haben", heißt es. Letztlich könne nur die Bildung der ungeliebten großen Koalition mit der CDU für stabile Verhältnisse in NRW sorgen.

(RP)
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