Parteispitze uneins zu Rot-Grün in NRW Das Ja und Nein der Linken

Der eine sagt Hü, der andere sagt Hott. Was in den vergangenen Wochen eigentlich für die Koalitionäre in Berlin galt, kommt nun auch bei der Linken zum Tragen. Denn bei der Parteispitze scheint Uneinigkeit darüber zu herrschen, wie man mit Rot-Grün in NRW umgeht. Für SPD und Grüne bedeutet das vor allem eins: Auf die Linke zu setzen, könnte sich als Risiko erweisen.

Verlässliche Unterstützung hat Gesine Lötzsch, Vorsitzende der Linken, der rot-grünen Minderheitsregierung in NRW zugesichert. Man habe von vornherein gesagt, dass man Jürgen Rüttgers ablösen und einen Politikwechsel wolle. "Wir sind da ganz berechenbar", so Lötzsch im "Kölner Stadt-Anzeiger".

Doch so berechenbar wie die Parteichefin sich gibt, scheint die Linke eben nicht zu sein. Denn erst am Mittwoch hatte Klaus Ernst, ebenfalls Vorsitzender der Partei, in eine ganz andere Richtung argumentiert. Der Koalitionsvertrag von SPD und Grünen sei kein Vertrag, sondern ein Katalog von Absichtserklärungen. Im "Hamburger Abendblatt" erklärte er, Rot-Grün könne sich auf harte Verhandlungen einstellen. "Aber wir werden nichts abknicken."

Schulterschluss gesucht

Dabei war es Ernst selbst, der erst vor wenigen Tagen den Schulterschluss der Opposition - auf Bundesebene - gesucht hatte. Schlug er doch SPD und Grünen nach dem Debakel bei der Bundespräsidentenwahl einen Oppositionsgipfel vor. Er hoffe auf eine engere rot-rot-grüne Zusammenarbeit, hatte er in der ARD erklärt. Diese Chance hätte die Partei nun in NRW, doch Ernst scheint das anderes zu sehen.

Verwunderlich ist das nicht, denn die Linke möchte ja vor allem eines: mitregieren. Doch in NRW wurde ihr das nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen mit Rot-Grün verwehrt. Und in Berlin scheint keiner die Partei wirklich ernst zu nehmen. Zumal die Sozialdemokraten mit der Bestimmung ihres Präsidenten-Kandidaten Joachim Gauck, dem früheren Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, die Linke regelrecht vorgeführt hat.

Denn es war schon zuvor mehr als unwahrscheinlich, dass die Linke sich tatsächlich auf diesen Kandidaten einlässt. Zumal sich Partei und Kandidat im Vorfeld heftige Diskussionen um eben das Thema Vergangenheitsbewältigung und Stasi geliefert haben.

Die ewige Oppositionspartei

Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hatte davon gesprochen, dass Ernst mithilfe der Oppositionsparteien die internen Streitigkeiten der Linken beseitigen wolle. Doch mit seiner Ankündigung für NRW hat Ernst deutlich gezeigt, für seine Partei steht: Sie ist Oppositionspartei und will dies auch im politischen Alltagsgeschäft deutlich machen.

Lötzsch dagegen hatte sich in der Debatte um den Oppositionsgipfel zurückhaltend gegenüber einem rot-rot-grünen Bündnis gezeigt. Wenn es gemeinsame Ideen und Lösungen gebe, begrüße sie alle Gespräche. Diese Gemeinsamkeiten sieht Lötzsch wohl auch in NRW - bei der Bildungspolitik und bei dem Willen, im Bundesrat gegen die schwarz-gelbe Regierung zu opponieren.

Auch wenn in der Linken Uneinigkeit zu herrschen scheint, wie man tatsächlich mit Rot-Grün in der täglichen Arbeit umgeht, so ist eines klar: Um irgendwann regieren zu können, darf es sich die Partei nicht gänzlich mit Rot-Grün verderben. Und genau darauf zielt sowohl das Angebot des Oppositionsgipfels als auch das Angebot Lötzschs zur Zusammenarbeit ab.

Aber zugleich wird die Linke darauf setzen, dass sich Rot-Grün in manchen Punkten das Ja der Partei mit harten Gegenleistungen erkaufen müsste, vor allem dann, wenn weder CDU noch FDP Rot-Grün dabei unterstützen wollen. Die Linke will Strippenzieher der Minderheitsregierung sein.

Doch das ist genau das, was Rot-Grün zu verhindern gedenkt. Die designierte Ministerpräsidentin und SPD-Chefin Hannelore Kraft wird alles daran setzen, andere Mehrheiten zu finden als mit der Linken. Denn sonst könnte aufgrund kleiner Machtspielchen der Linken das Wagnis der Minderheitsregierung schnell vor dem Aus stehen.

(rpo)
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