Landesregierung im Blindflug? Streit um Pool-Testung für genesene Schüler

Düsseldorf · Schüler, die eine Corona-Infektion überstanden haben, sind acht Wochen lang von den Pool-Testungen ausgeschlossen. Eltern sind empört und sprechen von einem Blindflug in der Omikron-Welle. Die Landesregierung verweist auf eine Studie aus den USA.

 Ein Schüler führt in einer Klasse einen Corona-Schnelltest an sich selbst durch.

Ein Schüler führt in einer Klasse einen Corona-Schnelltest an sich selbst durch.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Es war eine schlechte Nachricht für die Familien kurz vor Weihnachten. An einer Düsseldorfer Grundschule kam es zu einem großflächigen Corona-Ausbruch. „Bei uns war die Hälfte der Klasse im Dezember mit der Deltavariante infiziert“, berichtete eine Mutter (Name der Redaktion bekannt). Es folgte zunächst die Isolation. Doch bei der Rückkehr der Tochter in die Schule folgte eine weitere Überraschung: Die Schulleitung teilte den erstaunten Eltern mit, dass die betroffenen Kinder nicht an den Testungen teilnehmen dürften, Omikron hin oder her. „Es ist für mich völlig unverständlich wie man in der ansteckendsten Phase der Pandemie die Hälfte der SchülerInnen von der Testpflicht befreit und das bis weit in den Februar hinein“, sagt die verärgerte Mutter. „Das gefährdet nicht nur die Gesundheit unserer Kinder sondern auch die Chance auf geregelten Unterricht.“ Zudem stünden alternative Instrumente wie beispielsweise Antigen-Schnelltests zur Verfügung. „Das Ganze muss allerdings verbindlich von der Landesregierung vorgegeben werden.“

Doch die hatte die Regelung, wonach genesene Schüler für acht Wochen nicht mehr an den Tests teilnehmen dürfen ja überhaupt erst erlassen. In der Schulmail vom 6. Januar heißt es: „Genesene Schülerinnen und Schüler dürfen in den ersten acht Wochen nach ihrer Rückkehr aus der Isolation nicht am Lolli-Testverfahren teilnehmen. Sie sind deshalb in diesem Zeitraum von der Testpflicht in der Schule befreit.“

Aus dem Schulministerium hieß es, Hintergrund für diese Regelung  sei, dass bei Genesenen eine längere Zeit noch Viruspartikel nachgewiesen werden können und in diesen Einzelfällen der hoch sensitive PCR-Test immer noch zu einem positiven Pool- und Einzeltest führen könne. Das NRW-Gesundheitsministerium wies ergänzend auf eine Studie aus den USA mit Beteiligung mehrerer Universitäten hin. Diese komme zu dem Schluss, dass eine Reinfektion in den ersten Monaten nach einer Infektion relativ gering sei, da vermutlich noch genug Antikörper im Blut der genesenen Personen vorhanden seien. „Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass bei vielen genesenen Patienten virale Virus-RNA-Bruchstücke noch Wochen nach Symptombeginn in der RT-PCR nachweisbar sein können. Dies könnte zu falsch positiven Ergebnissen und den damit verbundenen einschneidenden Isolationsmaßnahmen führen.“ Somit sei es aus infektiologischer Sicht vertretbar, dass genesene Schüler für acht Wochen nicht an der Pool-Testung teilnehmen.

Auf die Frage, ob es möglich sei, dass Kinder nach dem zur Verfügung stellen eines PCR-Tests auf eigene Kosten vorzeitig wieder an den Pool-Tests teilnähmen, verneinte das NRW-Schulministerium: „Diese Möglichkeit gibt es nicht, da sie medizinisch nicht sinnvoll ist: Es käme dadurch unter Umständen zu verfälschten Ergebnissen“, so ein Sprecher. Zahlen dazu, wie viele Schüler aktuell nicht an den Tests teilnehmen, liegen dem Ministerium im Übrigen nicht vor. Informationen über den Genesenen-Status würden nicht zentral erfasst.

Derweilen schwelt der Streit weiter über zu spät zurückgemeldete Testergebnisse. Jochen Ott, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW, sagte unserer Redaktion: „Offenbar durch die vermehrte Verbreitung der Omikron-Variante sind jetzt immer häufiger ganze Pool-Tests positiv. Das führt dazu, dass die Labors mit der Auswertung der Einzeltestungen nicht hinterherkommen und Eltern und Schulen die Informationen über Infektionen nicht rechtzeitig erhalten.“ So hätte die SPD-Landtagsfraktion Rückmeldungen aus Castrop-Rauxel, Dortmund, Herford, Herne, Gelsenkirchen, Krefeld, Köln, Mülheim an der Ruhr, Münster, dem Oberbergischen Kreis und Schwerte, wonach Testergebnisse nicht rechtzeitig vorlagen und deshalb ganze Klassen entweder zu Hause bleiben mussten oder ohne vorherige Ergebnisse im Klassenraum saßen. „In Einzelfällen sollen Schulen sogar gar keine Pool-Tests geliefert bekommen haben - wie beispielsweise in Schalksmühle. Hier von einem gelungenen Schulstart nach den Ferien zu sprechen, ist mehr als realitätsfern“, so Ott. Die Landesregierung sei jetzt gefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, um ein sicheres Testsystem zu ermöglichen.

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