Debatte im Landtag NRW-Opposition wirft Regierung „schwere Fehler“ bei Corona-Regeln vor

Düsseldorf · Ist die Landesregierung zu lax mit ihren Corona-Verordnungen? Ja, meint die Opposition in NRW. Gesundheitsminister Laumann weist das zurück. Aus dem Corona-Kommunikationsdebakel der vergangenen Wochen zieht er aber auch eine persönliche Lehre.

 Eine Frau steht hinter einem Masken-Symbol vor dem Eingang eines Geschäftes in der Kölner Fußgängerzone (Symbolfoto).

Eine Frau steht hinter einem Masken-Symbol vor dem Eingang eines Geschäftes in der Kölner Fußgängerzone (Symbolfoto).

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Opposition im nordrhein-westfälischen Landtag hat der Landesregierung Schludrigkeit bei ihren Corona-Schutzverordnungen vorgeworfen. Auf Antrag der SPD debattierte das Landesparlament am Donnerstag in Düsseldorf über „schwere Fehler der Landesregierung“.

Anlass waren Sonderbehandlungen für Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte, die das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster am Montag unter Verweis auf den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kassiert hatte. Die Landesregierung hatte daraufhin die coronabedingten Einschränkungen unverzüglich angeglichen.

Der SPD-Abgeordnete Hans-Willi Körfges hielt der Regierung vor, die drei Bereiche hätten durchaus als Bereiche der Grundversorgung eingestuft werden können, allerdings sei es in NRW - im Gegensatz zu anderen Bundesländern - versäumt worden, dies in der Verordnung auch ordentlich juristisch abzuwägen und zu begründen. Ähnliche Kritik äußerten Grüne und AfD.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hielt dagegen, bei einer solchen Vielzahl coronabedingter Verordnungen sei es nicht möglich, „alle absolut rechtssicher“ zu formulieren. Insofern sei es für ihn „eine große Gewissenberuhigung“, dass die unabhängige Justiz über Entscheidungen der Exekutive wache. Im Grundsatz habe das OVG die Regelungen aber bestätigt - Terminverpflichtung und Flächenbegrenzungen seien in Ordnung.

Seit der am Montag aktualisierten Coronaschutzverordnung gelten für Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte die Pflicht zur Terminvereinbarung und eine Personenbegrenzung von je einem Kunden je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche - wie zuvor bereits für Modehändler oder Elektronikmärkte.

Schon am Mittwoch hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) die ursprünglichen Überlegungen seiner Regierung in einer Corona-Debatte des Landtags gerechtfertigt: „Wir waren der Überzeugung, dass ein Buchhandel etwas anderes ist als der Mediamarkt.“ Wenn ein Gericht eine solche Entscheidung „mal korrigiert“, sei das eine Normalität im Rechtsstaat und „kein Grund, ständig zu skandalisieren“.

So lässig wollte die Opposition das am Donnerstag nicht stehen lassen. Die Regierung habe an einer Stelle, wo es sich gelohnt hätte, auf Differenzierung verzichtet, kritisierte Körfges. „Das ist kein juristisches Hochreck - das ist kleines Einmaleins.“ Aus Sicht des Grünen-Abgeordnete Mehrdad Mostofizadeh hat das OVG mit seiner Entscheidung festgestellt: „Sie haben alles über einen Kamm geschoren.“ Der AfD-Abgeordnete Christian Loose listete weitere gerichtlich kassierte Corona-Regelungen seit Beginn der Pandemie auf und bilanzierte: „Ihre Entscheidungen bilden eine Kette des Versagens.“

Der FDP-Abgeordnete Ralph Bombis nutzte die Debatte, um den Blick auf die verzweifelte Situation der Einzelhändler zu lenken. Jeder zweite fürchte inzwischen um seine wirtschaftliche Existenz, sagte er. Weitere Öffnungen seien „dringend notwendig“. Dabei sollten auch die Sonntage in den Blick genommen werden.

Neben der Gesundheitsvorsorge für die Bürger müsse es auch darum gehen, wieder eine größere Normalisierung des Lebens zu ermöglichen. Mit guten Hygiene-Konzepten des Einzelhandels, flächendeckenden Schnelltests und einer effizienten digitalen Kontaktverfolgung, so wie in Tübingen, könne das gelingen, unterstrich Bombis. Auch der CDU-Abgeordnete Oliver Kehrl sprach sie dafür aus, Öffnungsoptionen, wo immer möglich, zu nutzen. In NRW sollen in Kürze entsprechende Modellprojekte in ausgewählten Kommunen starten.

Inzwischen gebe es in NRW 4748 zugelassenen Test-Stellen im ganzen Land, die täglich rund 100.000 Tests durchführten, sagte Laumann. Jetzt müssten Anreize geschaffen werden, damit sich möglich viele testen lassen, um die Dunkelquote an Infizierten erheblich aufzuhellen.

Für alle weiteren Vorhaben habe er aus der breiten Kritik der vergangenen Wochen am Corona-Krisenmanagement eine persönliche Lehre gezogen: „Sage nur etwas zu, was du machen kannst, wenn du dafür auch die Strukturen hast.“

(mba/dpa)
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