„Notbremse light“ in NRW Nur wenige Städte verzichten auf Öffnungen

Düsseldorf · Die Zahl der Kreise und kreisfreien Städte, die eigentlich die Notbremse ziehen müssten, steigt. Bis auf wenige Ausnahmen wollen die Kommunen aber die sogenannte Testoption ziehen.

 Eine Frau geht am Corona-Test-Zentrum in der Wuppertaler Innenstadt vorbei.

Eine Frau geht am Corona-Test-Zentrum in der Wuppertaler Innenstadt vorbei.

Foto: dpa/Jonas Güttler

Die Zahl der Kommunen, die nach der Corona-Schutzverordnung auf die strengeren Maßnahmen von Anfang März zurückfallen würden, ist am Montag noch einmal gestiegen. Nach Angaben des Landeszentrums für Gesundheit lagen die Kreise Viersen und Unna sowie die Stadt Bonn mindestens drei Tag in Folge über einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100. Viersen und Bonn wollen beide von der Testoption Gebrauch machen, wonach einschränkende Maßnahmen etwa im Handel oder bei Museen mit einem tagesaktuellen Schnelltest für Besucher weiter öffnen dürfen. Mehrere Kreise, die bereits seit Sonntag von der Notbremse betroffen sind wie Gütersloh, Steinfurt und Düren, erklärten am Montag, ebenfalls diese Testoption zu ziehen.

Damit gestatten 31 Notbremsen-Kommunen – zwei von ihnen mit einer Inzidenz über 200 – Öffnungen mit Schnelltests, vier verhängen die vorgesehenen Maßnahmen, in fünf stand eine Entscheidung am Montagabend noch aus. Mehrere Kommunen, die knapp unter der 100er-Inzidenz liegen, wie der Rhein-Kreis Neuss und Mönchengladbach erklärten, man werde die Testoption ziehen. Düsseldorf hielt sich bedeckt, sieht sich aber „im Bereich Testmöglichkeiten sehr gut aufgestellt“.

Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW, sagte, wenn NRW es den Kommunen ermögliche, schon bestehende Lockerungen an Negativtests zu knüpfen, sei nachvollziehbar, dass sie diese Option auch nutzten. „Bis zu welcher Grenze diese Form der Notbremse plus Teststrategie unter welchen Bedingungen verantwortbar ist, muss die Landesregierung allerdings definieren“, forderte Dedy. „Denn wenn sich die Lage zuspitzt, kommt ein Punkt, an dem die Notbremse auch vollständig greifen muss.“

Am Vorabend hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Talkshow „Anne Will“ den laxen Umgang mit der Notbremse kritisiert und von einem „Verstoß gegen die Beschlüsse“ von Bund und Ländern gesprochen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte dagegen, die Vorgehensweise sei im Einklang mit den Beschlüssen erfolgt.

Laschets Koalitionspartner FDP übt dem Vernehmen nach hinter den Kulissen Druck aus, um die „Notbremse light“ in NRW möglichst weitgehend durchzusetzen. Aus informierten Kreisen verlautete, dass es sehr im Sinne der Partei sei, nach dem Tübinger Modell mithilfe von Tests auch in NRW zu mehr Lockerungen zu kommen. FDP-Fraktionschef Christof Rasche sagte, die FDP begrüße ausdrücklich die neu geschaffene Testoption der Coronaschutzverordnung. Dadurch könnten die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zumindest leicht abgefedert werden.

 „Man fragt sich schon, wer da eigentlich die Feder führt. Und warum NRW regelmäßig gegen die Bund-Länder-Beschlüsse verstößt“, sagte dagegen SPD-Oppositionschef Thomas Kutschaty unserer Redaktion. Immer wieder heiße es auch im Landtag, die Landesregierung setze die Beschlüsse ,eins zu eins‘ um. „Und dann gibt es doch irgendeine Sonderklausel, weil ihm vermutlich die FDP Druck macht“, so Kutschaty. Es wirke manchmal so, als ob die FDP ihre Oppositionspolitik im Bund als Regierungspartei in NRW umsetzen wolle. „Laschet braucht die FDP, schließlich hat er nur eine Stimme Mehrheit. Darauf kann die Kanzlerin aber keine Rücksicht nehmen“, sagte Kutschaty.

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