Hohe Inzidenzen bei Schülern Behörden schicken tausende Kinder in Quarantäne

Düsseldorf · Eine Woche nach den Sommerferien ist für viele der Unterricht wieder vorbei. Lehrer warnen vor gesundheitlichen Folgen, weil auch Kinder neueren Studien zufolge schwer erkranken könnten.

 Voller Präsenzunterricht in NRW. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Voller Präsenzunterricht in NRW. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Eine Woche nach Ende der Sommerferien sind bereits tausende nordrhein-westfälische Schüler und Kita-Kinder schon wieder in Quarantäne. Allein in Nordrhein-Westfalens größter Stadt Köln schickten die Gesundheitsbehörden 1.644 Kontaktpersonen aus Kitas und Schulen in häusliche Isolation, weil sie direkten Kontakt mit einem Infizierten hatten. Infiziert waren in Köln 616 Schüler und Schülerinnen, von denen 242 im infektiösen Zeitraum nach Angaben der Stadt auch tatsächlich in der Schule waren. Ein Großteil der Infektionen sei somit Folge der Ferien. Auf Lehr- und sonstiges Schulpersonal entfielen 91 Infektionsfälle.

Ein ähnliches Bild ergibt sich in  Düsseldorf: 337 der rund 70.000 Schüler der Stadt sind infiziert, zusätzlich mussten 123 als Kontaktpersonen für 14 Tage in Quarantäne gehen. Bonn meldete 35 bestätigte Infektionen an 32 Schulen und mindestens 120 Kontaktpersonen in Quarantäne.

Dabei gelten seit Schuljahresbeginn laschere Quarantäneregeln. Isolieren muss sich nur, wer direkt neben, vor oder hinter einem infizierten Schüler gesessen hat oder als Lehrer in engerem Kontakt stand. Ausgenommen sind nur vollständig geimpfte Schüler. Ein vorzeitiges Freitesten ist anders als zunächst mitgeteilt nicht möglich.

In Essen gab es 305 Infektionen seit dem 18. August bei Kindern zwischen 6 und 17 Jahren. Damit entfiel fast ein Drittel aller Fälle auf Schüler. Hinzu kamen 567 Minderjährige in Quarantäne - ähnlich viele wie in Krefeld, obwohl die Stadt nur etwa halb so groß ist. Im noch kleineren Solingen befanden sich sogar rund 800 Schüler in Quarantäne.

Genau beobachtet wird die Situation auch in der Städteregion Aachen. Dort traten 136 Infektionsfälle unter insgesamt 73.000 Schülern auf.  Weitere 103 befinden sich in häuslicher Isolation. Corinna Bank, Hygieneexpertin im Gesundheitsamt, führte die Infektionsfälle in Schulen vor allem darauf zurück, dass hier mehr getestet wird: „Bei den Kindern suchen wir mit dem Läusekamm, beim Rest der Bevölkerung mit einem Gartenrechen.“ In der Folge liegt etwa die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Fünf- bis Neunjährigen in der Städteregion Aachen bei 380 und bei den 10- bis 14-Jährigen sogar bei 403. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung beträgt diese Messzahl nur 110.

Auch die Landesregierung  nennt  vermehrtes Testen und die Reiserückkehrer als Gründe für die steigenden Zahlen. Die Folgen für Kinder seien dennoch nicht zu unterschätzen, warnte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger. „Auch wenn Kinder seltener schwer erkranken, dürfen wir eine Durchseuchung der Schulen nicht zulassen“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Neuere Studien hätten herausgefunden, dass zwischen 0,3 bis 1,7 Prozent der infizierten Kinder im Krankenhaus behandelt werden müssen. „Bezogen auf Deutschland bei knapp elf Millionen Schülern hieße das, dass zwischen 30.000 und 180.000 in Krankenhäusern behandelt werden müssten, von eventuellen Long-Covid-Folgen mal völlig abgesehen. Das, glaube ich, darf kein Politiker verantworten.“

NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) will Schulen und Kitas trotz steigender Infektionszahlen offen halten. „Wir müssen hier abwägen“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident. Die Corona-Beschränkungen hätten nach Angaben von Kinderärzten zu erheblichen Problemen geführt, die von Übergewicht, Angstpsychosen bis zu Kontaktstörungen bei Kindern reichten.

Insgesamt lässt sich ein leichtes Stadt-Land-Gefälle feststellen. Wie eine stichpunktartige Umfrage unserer Lokalredaktionen ergab, ist die Lage in kleineren Städten wie Emmerich, Kaarst oder Mettmann auch relativ zur Schülerzahl entspannter.

(kib)
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