Wahlanalyse von Merkel und Rüttgers CDU soll Ministerpräsidenten stellen

Bundeskanzlerin Angela Merkel und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers haben sich in Berlin offen über Ursachen der Verluste der CDU in Nordrhein-Westfalen ausgetauscht. Der amtierende Ministerpräsident beanspruchte für seine Partei den Posten des Ministerpräsidenten. Seine eigene Zukunft ließ der Wahlverlierer offen.

Jürgen Rüttgers lacht in Berlin
5 Bilder

Jürgen Rüttgers lacht in Berlin

5 Bilder

Die Kanzlerin räumte die CDU-Niederlage unumwunden ein. "Wir haben eine herbe Niederlage erlitten", sagt Merkel einleitend auf der Pressekonferenz in Berlin. Zusammen habe man kameradschaftlich offen diskutiert, was an Schlussfolgerungen nach den Wahlen in NRW zu ziehen sei.

Dazu trug Merkel erste Ergebnisse vor. Die Kanzlerin räumte ein, in den ersten Monaten der Berliner Koalition für den Wahlkampf in NRW keinen Rückwind, teils sogar Gegenwind gegeben zu haben.

Erst der Haushalt

Unmittelbare Konsequenzen zog sie für das Handeln der schwarz-gelb geführten Bundesregierung: Steuersenkungen seien "auf absehbare Zeit" nicht durchsetzbar. Auf Nachfrage präzisierte sie die Zeitspanne mit den Worten, dass Steuererleichterungen zumindest für zwei Jahre, "für die Haushalte 2011 und 2012" nicht machbar seien.

In den nächsten vier Wochen werde es dazu "entscheidende Weichenstellungen im Haushalt" geben. Vorrang müsse jetzt die Haushaltskonsolidierung haben. Eine Kabinettsumbildung in Berlin schloss Merkel aus. Gemeinsamkeit müsse wachsen. Seit einigen Wochen sei das auch der Fall.

"Ein bitterer Tag"

Merkel betonte jedoch, die CDU sei bei den Wahlen weiterhin stärkste Partei geblieben. Als wünschenswertes Ziel rief sie — gleichlautend zu den Formulierungen anderer CDU-Spitzen - Stabilität für NRW aus. Die CDU arbeitet für eine große Koalition in Düsseldorf.

Nach Merkel tritt Rüttgers ans Mikrofon. "Es war gestern ein bitterer Tag", sagt er. Es ist die erste öffentliche Äußerung des CDU-Politikers, nachdem er am Sonntagabend kurzzeitig abgetaucht war. Es habe Fehler gegeben. "Auch bei uns in Düsseldorf." Die Ursachen für die Wahlniederlage schreibt er zudem einem "europapolitisch geprägten Wahlkampf" zu — eine Anspielung auf die Hilfen für Griechenland.

Auch auf die Heckenschützen aus den eigenen Reihen, die über das Internet Affären lancierten, kommt er zu sprechen. "Wir haben Probleme in unserer Parteiorganisation gehabt", sagt Rüttgers. "All das werden wir aufarbeiten und abstellen."

Immer wieder geht es um "Verantwortung"

Für seine Partei reklamierte er den Wahlsieg für sich. Die CDU sei nicht nur nach Prozentpunkten, sondern auch im Landtag stärkste Partei, auch wenn nach Mandaten CDU und SPD gleichauf liegen. Rüttgers bediente sich zur Erläuterung eines Vergleiches aus der Fußball-Bundesliga. Bei gleichem Punktestand liege der vorne, der die meisten Tore geschossen habe. Die CDU will demnach wieder den Chef in Düsseldorf stellen.

Auf den Posten des Ministerpräsidenten kommt er nur auf Nachfrage zu sprechen. Er verweist dazu auf den Landesvorstand. Dessen Bitten will er nachkommen und sich der "Verantwortung" stellen. Er sei entschlossen, seinen Beitrag zu leisten, dass NRW wieder eine stabile Regierung bekommt. Eine ausdrückliche Ansage im Sinne von "Ich will Ministerpräsident bleiben" bleibt aus. Rüttgers hält sich alle Optionen offen.

Rücktritt angeblich kein Thema

Bei den Journalisten provoziert das Nachfragen. Warum er denn am Wahlabend TV-Interviews abgesagt habe und abgetaucht sei, will jemand wissen. Rüttgers bleibt vage. Seine Begründung: der Wahlausgang sei lange offen gewesen.

Wasserstandsmeldungen, die sich halbstündlich ändern, wollte der Ministerpräsident demnach nicht öffentlich kommentieren. Manchmal sei es klüger, den Mund zu halten. Anstatt Rüttgers waren am Sonntagabend im Fernsehen Generalsekretär Andreas Krautscheid und Integrationsminister Armin Laschet zu sehen.

Nur am Rande wird deutlich, dass Rüttgers sein Angebot eines Rücktritts bestätigt. Am Montag in Berlin spielt das angeblich überhaupt keine Rolle mehr. Am Sonntag noch hatte der offensichtlich überrumpelte NRW-Landesvorstand Rüttgers bekniet, die Verhandlungen zu führen.

Im Präsidium sei das begrüßt worden, berichtet Merkel. "Weil das so selbstverständlich war, ist das nicht besonders besprochen worden", sagt die Kanzlerin.

(ddp/pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort