CDU-Politiker Bernd Petelkau Hauptberuf Landtagsabgeordneter

Köln · Nur wenige Politiker haben in so kurzer Zeit so viel erreicht. Für die Partei und für sich selbst. Aber der Kölner CDU-Mann und Multi-Funktionär Bernd Petelkau verzettelt sich. Er steht unter Druck und muss erste Ämter abgeben.

 CDU-Politiker Bernd Petelkau (Archivfoto)

CDU-Politiker Bernd Petelkau (Archivfoto)

Foto: CDU

Gut fünf Jahre nach dem Start seiner politischen Blitzkarriere droht der eigene Erfolg Bernd Petelkau aufzufressen. "Überfordert", sagen die einen, "raffgierig", heißt es bei anderen. Ein altgedienter Parteigänger nennt den nebenberuflichen Bankmanager mit der goldenen Armbanduhr und dem wuchtigen Siegelring den "neuen Paten von Köln".

Ist es Neid oder Sorge? So schnell wie Bernd Petelkau hat in der NRW-CDU kaum jemand Karriere gemacht. Und so viele Polit-Siege in so kurzer Zeit sieht man auch selten. Weil der vierfache Familienvater die zerstrittene Kölner CDU wiedervereinte, konnte sie der SPD bei der Landtagswahl drei Mandate abringen. Und in der Domstadt selbst schmiedete Petelkau eine bundesweit beachtetete, schwarz-grüne Regierung.

Obschon erst seit wenigen Monaten im Landtag, ist Petelkau auch dort einer der Mächtigsten. Der Parteifunktionär hat in wenigen Jahren 14 Posten angehäuft, die ihm neben üppigen Nebenverdiensten massiven Einfluss weit über Köln hinaus sichern.

Aber er scheint seinen vielen Verpflichtungen kaum noch nachkommen zu können. Als sich die Krise am Kölner Flughafen zuspitzte und es Anfang November im Aufsichtsrat um die spektakuläre Beurlaubung von Flughafen-Chef Michael Garvens ging, war Multi-Aufsichtsrat Petelkau gar nicht dabei. Er hatte einen Parallel-Termin. In der Kulturszene des Landes wird beklagt, der neue kulturpolitische Sprecher der Landtags-CDU lasse sich kaum blicken. "Ich hätte zumindest mal einen Kennenlern-Anruf erwartet", sagt eine hochrangige Kulturmanagerin.

Namentlich genannt werden wollen die Kritiker nicht. Das schwächt ihre Kritik, ist aber verständlich: Mit dem "neuen Paten von Köln" will es sich niemand verderben. Aber ehemalige Akteure bekennen sich zu ihrer Kritik. Der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) zum Beispiel. Im "Kölner Stadt-Anzeiger" haderte der 70-Jährige mit Petelkau, weil der entgegen eigener Aussagen nun doch Ämter und Mandate anhäuft.

Im März 2012 - die Kölner CDU hatte ihn gerade zum Kreisvorsitzenden gewählt - versprach Petelkau, er wolle sich der "Unabhängigkeit zuliebe weder um Listenplätze bemühen müssen noch gewissen Sachzwängen unterwerfen". Es kam anders.

Obwohl Doppelmandate in der Kölner CDU nicht zugelassen sind, ließ Petelkau sich von seiner Kreispartei die Sondererlaubnis für den Einzug in den Landtag erteilen. Petelkau ist zudem Fraktionschef der CDU im Kölner Stadtrat, stellvertretender Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Mittelrhein und Stadtbezirksvorsitzender der CDU in Köln-Lindenthal. Er ist gleichzeitig Mitglied in den Aufsichtsräten des Kölner Flughafens, des ehemaligen Energieversorgers GEW Köln, der KoelnKongress GmbH, der Koelnmesse Ausstellungen GmbH, der Koelnmesse selbst, der Telekommunikationsgesellschaft NetCologne, des mächtigen Energieversorgers RheinEnergie und der Kölner Stadtwerke. Teilweise sitzt er den Kontrollgremien sogar vor. Außerdem arbeitet Petelkau trotz aller Mandate weiterhin als führender Banker für die LSF Loan Solutions, eine Tochter der Frankfurter Commerzbank.

Der Frage, wie viel Arbeit mit all den Posten jeweils verbunden ist, weicht Petelkau aus. Seinen Banker-Job übe er nur noch in Teilzeit aus, weshalb er seine politischen Mandate "vollumfänglich" ausfüllen könne - wenn auch nicht in einer 40-Stunden-Woche. Möglich sei all dies nur mit leistungsstarken Teams und "dem fantastischen Rückhalt" seiner Familie. Petelkau: "Die anfallende Mehrarbeit leiste ich sehr gerne."

Geht das überhaupt? Ein Mandat im Düsseldorfer Landtag ist als Vollzeit-Job gemeint und wird mit rund 11.000 Euro brutto im Monat auch entsprechend bezahlt. Vor wenigen Wochen stellte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) im Landtag eine Studie vor, derzufolge Fraktionschefs in Stadträten im Schnitt 56,4 Wochenstunden für ihr Amt aufwenden - und Köln ist bekanntlich die größte Stadt in NRW.

Allein mit diesen beiden Mandaten liegt Petelkaus Pensum wohl schon weit über dem Schnitt deutscher Berufspolitiker. Sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt der Kölner CDU fragt man sich: Wo ist da noch Platz für einen Teilzeitjob als Banker, für den Steuerungsaufwand eines 4500 Mitglieder starken Kreisverbandes und die Vor- und Nachbereitung der Aufsichtsratssitzungen von über einem halben Dutzend Unternehmen?

Zum Jahreswechsel macht Petelkau erste Zugeständnisse. Er gibt drei Aufsichtsratsposten ab: In der GEW, der Kölnmesse Ausstellungen GmbH und in der NetCologne. Das sind die drei exakt am wenigsten relevanten Posten im Petelkau-Portfolio.

Warum er die Aufsichtsratssitzung des Kölner Flughafens vorzeitig verlassen musste, will Petelkau nicht verraten. Begründung: Die Sitzung war nicht-öffentlich. Die Frage, welche konkreten Außentermine er in seiner neuen Funktion als kulturpolitischer Sprecher schon wahrgenommen hat, beantwortet Petelkau allgemein: Es seien "Kennenlerntermine und Hintergrundgespräche mit den verschiedenen Einrichtungen und Institutionen" gewesen. Konkret nennt er nur ein Treffen mit dem Kulturrat NRW. Einladungen zu ebenfalls nicht konkret genannten Kulturveranstaltungen habe er bislang "zu großen Teilen an- und wahrgenommen".

Wie alle Landtagsabgeordneten veröffentlicht auch Petelkau seine Nebenberufe und relevante Tätigkeiten auf der Homepage des Landtages. Dort steht zum Beispiel, dass er als Aufsichtsratschef der Rheinenergie im Juni 4760 Euro erhielt und im September weitere 5355 Euro.

Dort steht aber auch, dass vereinzelte Landtagsabgeordnete in vergleichbarem Umfang nebenaktiv sind. Der ebenfalls aus Köln stammende SPD-Abgeordnete Martin Börschel zum Beispiel, der ironischerweise Petelkaus Gegenspieler als Fraktionschef der SPD im Kölner Stadtrat und ebenfalls Multi-Aufsichtsrat ist. Allein als Verwaltungsratsvorsitzender der Kölner Sparkasse erhielt Börschel im September 9443 Euro.

Nach Berechnungen der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de haben die Abgeordneten des NRW-Landtages von Anfang 2015 bis Ende 2016 mindestens 2,4 Millionen Euro nebenher verdient.

(tor)
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