Schule CDU in NRW stellt Turbo-Abitur infrage

Düsseldorf · CDU-Landeschef Armin Laschet wirft Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) vor, die Umsetzung von G 8 "vergeigt" zu haben. Der Deutsche Lehrerverband will die bundesweite Rückkehr zum G 9-Gymnasium.

 Armin Laschet sprach mit unserer Redaktion.

Armin Laschet sprach mit unserer Redaktion.

Foto: dpa, Jan-Philipp Strobel

Die Diskussion über das Abitur nach acht Gymnasialjahren (G 8) gewinnt an Fahrt. Nachdem Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) überraschend angekündigt hat, das Turbo-Abitur auf den Prüfstand zu stellen, zeigt sich die NRW-CDU offen für eine Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren (G 9). Löhrmann sei bald seit vier Jahren Ministerin – "aber die Klagen über G 8 nehmen von Jahr zu Jahr zu", sagte CDU-Landeschef Armin Laschet unserer Redaktion. Er fügte hinzu: "Wir nehmen die Sorgen der Eltern sehr, sehr ernst." Deshalb werde er mit Eltern, Lehrern und Schülern vor Ort über die "offensichtlichen Probleme" sprechen. Einer WDR-Umfrage zufolge wollen 63 Prozent der Befragten in NRW eine Rückkehr zu G 9.

Laschet kritisierte, dass sich die NRW-FDP bereits auf die Beibehaltung von G 8 festgelegt habe: "Mein Stil ist es, erst mit allen Betroffenen zu reden. Wir brauchen mehr fachliche Gespräche, auch mit anderen Ländern, über das Für und Wider, und dann kann man entscheiden."

Auf die Frage, ob die CDU damit das Fass beim Turbo-Abitur aufmache, sagte Laschet: "Das Fass ist doch schon offen, da die Schulministerin die Umsetzung des G 8 vergeigt hat. Es gibt erhebliche Missstände und Umsetzungsschwierigkeiten, die Rot-Grün nicht in den Griff bekommt. Wenn das Fass geschlossen wäre, würde Frau Löhrmann doch dazu nicht einen runden Tisch veranstalten." NRW könne dieses wichtige Thema nicht ignorieren, wenn Niedersachsen zu G 9 zurückkehrt und es ähnliche Diskussionen in Hessen und Bayern gibt. Laschet: "Die neuen Argumente verdienen eine sorgsame Auswertung. Danach wird entschieden."

Auf den Einwand von Rot-Grün, dass in NRW niemand zum Turbo-Abitur gezwungen werde, sondern der Besuch der Gesamtschule mit dem Abitur nach 13 Schuljahren möglich sei, sagte Laschet: "Mit G 8 oder G 9 sollte man keine Gesamtschulförderung betreiben." Er wisse auch von vielen Wählern der Grünen, "dass sie den momentanen Druck auf die Kinder in der Mittelstufe der Gymnasien für falsch halten". 2006 hatte Schwarz-Gelb den Beschluss der rot-grünen Vorgängerregierung für G 8 umgesetzt, allerdings mit dem Unterschied, dass die Schulzeitverkürzung nicht in der Ober-, sondern in der Mittelstufe vorzunehmen ist.

Schulministerin Löhrmann hatte vorige Woche völlig überraschend einen runden Tisch zum Turbo-Abitur angekündigt. Offenbar war die SPD vorab nicht unterrichtet worden. Entsprechend missmutig fielen die Kommentare im SPD-Lager aus. Am runden Tisch, der für den 5. Mai geplant ist, sollen Vertreter von Schule, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik teilnehmen.

Schüler, die nach acht Jahren Gymnasialzeit das Abitur ablegen, sind auf das Studium genauso vorbereitet wie Schüler, die neun Jahre benötigen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Duisburg-Essen. Nach Angaben der Bildungsforscherin Svenja Kühn sind die Leistungen weder schlechter noch seien die Gymnasiasten des Turbo-Abiturs gestresster.

Der Philologenverband NRW hält ebenfalls nichts von einer Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren. Allerdings fordert Verbandschef Peter Silbernagel eine Entschlackung der Unterrichtspläne. Ähnlich argumentiert Ralf Leisner, Vorsitzender der Landeselternschaft Gymnasien. Demgegenüber fordert der Deutsche Lehrerverband die bundesweite Rückkehr zu G 9 innerhalb der nächsten drei Jahre. Allerdings sollten besonders begabte Schüler eine Klasse überspringen können, sagte Verbandschef Josef Kraus.

(csi)
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