Sondierungstreffen in NRW Bildung ist der Knackpunkt der Ampel

Beim ersten Sondierungsgespräch von SPD, Grünen und FDP über eine mögliche Ampelkoalition in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich am Dienstagabend kein schnelles Ende ab. Die Beratungen wurden in einem Düsseldorfer Kongresszentrum für ein Abendessen unterbrochen.

NRW-Wahl: CDU und SPD beenden Sondierungsgespräche
6 Bilder

NRW-Wahl: CDU und SPD beenden Sondierungsgespräche

6 Bilder

Am Nachmittag hatte das Gespräch über eine neue Regierung für das bevölkerungsreichste Bundesland begonnen. Angeführt wurden die Parteidelegationen von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft, Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann und dem FDP-Landesvorsitzenden Andreas Pinkwart.

Laut Teilnehmerberichten traten vor allem beim Thema Bildung die Gegensätze zwischen den drei Parteien zutage. Die FDP soll nicht bereit sein, über die Einführung einer Gemeinschaftsschule zu sprechen. Die von Rot-Grün geforderte Abschaffung der Studiengebühren hätte die FDP aber bisher nicht abgelehnt.

Grüne fordern Politik-Wechsel

SPD-Landeschefin Hannelore Kraft sagte unmittelbar vor dem Treffen, sie erwarte offene, ehrliche Gespräche. Grünen-Verhandlungsführerin Sylvia Löhrmann forderte die Liberalen zu einem Politikwechsel auf.

Ihre Partei wolle bei dem Gespräch ausloten, ob die FDP nicht nur politisch-strategisch "auf zu neuen Ufern" sei, sondern auch inhaltlich, sagte Löhrmann im WDR. Die Liberalen müssten einsehen, dass die schwarz-gelbe Politik gescheitert sei.

Bewegen müsse sich die FDP vor allem bei der Schul- und Bildungspolitik, der Gemeindefinanzierung und beim Klimaschutz, sagte Löhrmann weiter. Sie sehe aber auch Gemeinsamkeiten wie etwa beim verstärkten Schutz der Privatsphäre sowie bei der stärkeren politischen Beteiligung von Jugendlichen.

Die FDP wollte nach Worten ihres Landeschefs Andreas Pinkwart "sehr offen, sehr konstruktiv" in die Gespräche gehen. Einen Tag vor dem Treffen hatte die "Frankfurter Rundschau" bereits berichtet, die FDP sei zu Kompromissen bei den Studiengebühren bereit. Im Wahlkampf hatte sich die Partei für eine Beibehaltung der unter Schwarz-Gelb eingeführten Abgabe eingesetzt, während SPD und Grüne für eine Abschaffung der Gebühr eingetreten waren.

"An der Chemie scheitert gar nichts"

Neben inhaltlichen Differenzen zwischen SPD und Grünen auf der einen und der FDP auf der anderen Seite gibt es vor allem zwischen Liberalen und Grünen auch persönliche Animositäten. Löhrmann betonte jedoch unmittelbar vor dem Treffen: "An der Chemie scheitert gar nichts." Vielmehr werde es um die Inhalte gehen.

Das Angebot der Linken, Hannelore Kraft ins Amt der Ministerpräsidentin zu verhelfen, wies Löhrmann zugleich zurück. "Die Linkspartei will Störfeuerchen spielen", sagte sie. Ihre Partei konzentriere sich aber auf die Gespräche mit der FDP.

Sondierungsgespräche mit anderen Parteien hatten in den vergangenen Wochen zu keinem positiven Ergebnis geführt. Die Gespräche zwischen SPD, Grünen und der Linkspartei waren bereits nach dem ersten Treffen gescheitert. Die Verhandlungen zwischen SPD und CDU waren nach drei Gesprächen ergebnislos unterbrochen worden. Ob es zu einer Wiederaufnahme dieser Verhandlungen kommt, ist offen.

Die FDP hatte eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen vor und nach der Landtagswahl am 9. Mai mehrfach ausgeschlossen, sich in der vergangenen Woche aber doch zu Gesprächen bereit erklärt.

Spekulation über geduldete Rot-Grüne Minderheitsregierung

Unterdessen dauerten die Spekulationen über eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Krafts Führung an. Aus dem SPD-Landesvorstand hieß es nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" (Dienstagausgabe) zu dieser Variante, dass Kraft sich in geheimer Wahl mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen ließe: "Als letzte Option vor Neuwahlen würden wir natürlich auch diese Karte ziehen", sagte ein namentlich nicht genanntes Vorstandsmitglied der Sozialdemokraten.

Zwar habe Kraft immer gesagt, NRW könne auf Dauer nicht auf diese Weise geführt werden. Nach dem politischen Wechselbad kalkulierten die Genossen aber langfristig. Aus dem Parteivorstand verlautete demnach weiter: "Sollte es zu keinen Koalitionsverhandlungen kommen und CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers geschäftsführend weiter regieren, wird sich Kraft wohl zur Wahl stellen." Dies sei auch mit Blick auf die dann gewonnene Bundesratsmehrheit für die unbeliebten Berliner Regierungsbeschlüsse notwendig.

Am vergangenen Mittwoch waren die Sondierungsgespräche zwischen CDU und SPD über eine große Koalition in NRW ohne eine Einigung zu Ende gegangen. Gespräche zwischen SPD, Grünen und der Linkspartei über eine mögliche Koalition waren zuvor nach nur einer Sondierungsrunde abgebrochen worden. Da SPD und Grüne auch mit den Linken gesprochen hatten, hatten die Liberalen sich Sondierungsgesprächen zunächst verschlossen. Nach dem Abbruch der rot-rot-grünen Beratungen signalisierte die FDP dann wieder Gesprächsbereitschaft.

CDU weiter für große Koalition

Unterdessen beschloss der CDU-Landesvorstand am Montagabend eine "einmütige Unterstützung" der Sondierungsdelegation um CDU-Landeschef Rüttgers. Die NRW-CDU stehe weiter für Gespräche zur Bildung einer großen Koalition zur Verfügung, um eine stabile Landesregierung zu bilden, sagte ein Parteisprecher.

Bei der Landtagswahl am 9. Mai war die CDU um mehr als zehn Punkte auf 34,6 Prozent der Stimmen abgesackt. Die SPD lag trotz Verlusten knapp dahinter mit 34,5 Prozent. CDU und SPD haben jeweils 67 Sitze im Landtag. Die Grünen verdoppelten sich fast auf 12,1 Prozent und stellen 23 Abgeordnete. Die FDP erhielt 6,7 Prozent (13 Sitze). Auf die Linke entfielen 5,6 Prozent der Stimmen (11 Sitze). Damit wurde Schwarz-Gelb abgewählt. Rot-Grün fehlt im Landtag ein Mandat für eine Mehrheit. Dafür sind 91 Mandate notwendig.

(APN/DDP/awei)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort