Aufnahme ukrainischer Kinder NRW holt pensionierte Lehrkräfte zurück
Düsseldorf · Schulministerin Yvonne Gebauer hat ein Konzept vorgelegt, wie es mit der Aufnahme ukrainischer Kinder an den Schulen klappen soll. Mit allen Mitteln sucht man nach Personal. 8750 junge Menschen aus der Ukraine sind bereits an Schulen in NRW untergekommen.
Für die Schulen in Nordrhein-Westfalen soll Personal angeheuert werden, wo immer es irgend möglich ist. Mehr als 1000 zusätzliche Lehrerstellen können allein durch neu berechnete Schülerzahlen regulär besetzt werden. Schulleitungen landauf, landab bitten pensionierte Lehrkräfte zurückzukommen und Teilzeitkräfte, ihre Stundenkontingente aufzustocken. Lehramtsstudierende im Referendariat dürfen doppelt so viel Unterricht geben wie während der Ausbildung üblich, wenn sie es wollen.
Darüber hinaus werden befristete Stellen geschaffen. Knapp 6000 Lehrkräfte ohne Anstellung gebe es zurzeit in NRW, erläuterte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP): „Diese habe ich persönlich angeschrieben.“ Und Mathias Richter, Staatssekretär in ihrem Ministerium, versicherte: Es werde „in diesem Jahr nicht stattfinden“, dass man eine Kraft nicht einstellen könne, weil es an Geld fehle.
Ministerin Gebauer legte am Montag ein umfangreiches Konzept zur Beschulung zugewanderter Kinder vor. Die kommen bereits in großer Zahl an: Bis zum Stichtag 6. April hatten 1985 Schulen in Nordrhein-Westfalen insgesamt rund 8750 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine aufgenommen. Gut die Hälfte von ihnen, nämlich 4355 Kinder, ist im Grundschulalter. Bei den weiterführenden Schulen gibt es laut Ministerium eine „gleichmäßige Verteilung“: In absoluten Zahlen sind die meisten Kinder an Gymnasien angekommen, nämlich über 1500, gefolgt von den Gesamtschulen mit mehr als 1000 Kindern.
Wie viele in welchen Zeitspannen dazukommen, ist ungewiss, und um sie gut zu versorgen, braucht es nicht nur Personal, sondern auch Platz. Zumal den Kindern an den Grundschulen auch der offene Ganztag offenstehen soll. Kommunen können sich um Mittel bewerben, wenn sie Plätze aufstocken wollen.
„Die Raumgewinnung, um jetzt weitere Schulplätze zur Verfügung zu stellen – das wird natürlich die große Herausforderung in den kommenden Wochen sein“, stellte somit auch Schulministerin Gebauer fest. Seit den Bund-Länder-Gesprächen der vergangenen Woche wisse man, dass eine Milliarde Euro für Gesundheit, Kitas und Schulen nach NRW flössen. Wie dieses Geld nun verteilt werde, „darüber werden wir jetzt im Kabinett sehr zeitnah sprechen“. Und zuvor wolle man möglichst genau ermitteln, wo sich welcher Raumbedarf auftut.
In Vorbereitung sind Unterrichtsangebote in ukrainischer Sprache, „um den Kindern und Jugendlichen nach ihrer Flucht doch noch ein Stück Heimat zurückzugeben“, wie die Ministerin sagte. Kurzfristig sollen dazu Stellen für ukrainisch-sprachige Lehrkräfte ausgeschrieben werden. Aber nur noch bis zum Ende des ukrainischen Schuljahres – bis zum 30. Mai – sollen Kinder ergänzend auch an ukrainischem Digitalunterricht teilnehmen dürfen.
Ksenija Sakelsek, stellvertretende Vorsitzende des Landesintegrationsrates, findet diese Ansätze richtig. Der Digitalunterricht aus der Heimat könne für die jungen Menschen nur eine Zwischenlösung sein, sagte sie: „Dauerhaft würde ich das als Problem sehen.“ Untersuchungen zeigten, wie wichtig es für Kinder sei, den normalen Schulalltag zu erleben, „rauszukommen und auf andere Gedanken zu kommen“. Ukrainischer Unterricht an den deutschen Schulen wiederum würde ihnen helfen, ihre Muttersprache weiter zu pflegen.
Von der Schulleitungsvereinigung NRW gab es in einer ersten Reaktion Lob für das Konzept aus dem Ministerium. Man sei froh, dass das Papier kurzfristig vorgelegt worden sei und dass es viele Forderungen der Verbände aufgreife. „Aber jedes Konzept trifft irgendwann auf die Realität“, schränkte der stellvertretende Vorsitzende Ralf Niebisch ein: „Es bleibt das Problem, das wir schon 2015 und in der Corona-Pandemie hatten. Die Schulen haben zum Teil große Schwierigkeiten, was Räume angeht. Und das kriegen Sie nicht kurzfristig gelöst.“
Der grundsätzliche Ablauf, nach dem junge Menschen auf Schulen verteilt werden, bleibt wie bekannt: Sobald sie einer Kommune zugewiesen werden, werden sie nach einer Beratung einer Schule zugeordnet.