Analyse aus der Hauptstadt Berliner SPD in Siegerlaune

Die SPD muss das Feiern erst wieder lernen: Als sich um kurz nach 18 Uhr die ersten bunten Säulen und Kuchen-Grafiken auf den Bildschirmen zeigen, jubeln die Sozialdemokraten in Berlin noch verhalten, fast ungläubig. "Boah", sagt einer aus dem Fußvolk der Partei und schlägt sich die Hand vor den Mund.

Landtagswahl 2010: Die Bilder des Abends
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In der fünften Etage des Willy-Brandt-Hauses ist die gute Nachricht schon besser verdaut. Bereits um 17 Uhr, als die ersten Prognosen auf dem Tisch liegen, sitzen Parteichef Gabriel, Fraktionschef Steinmeier und Generalsekretärin Nahles im Büro des Parteichefs. Sie telefonieren mit der NRW-Spitzenkandidatin Kraft. "Hannelore, du machst das schon. Du hast das bis jetzt gut gemacht", sagt ihr der Parteichef. Ob in dem Telefonat auch schon eine Marschrichtung für die Regierungsbildung vorgegeben wurde, darüber schweigen die Parteistrategen.

Die erste große Welle der Begeisterung schwappt durch die Berliner SPD-Zentrale, als Spitzenkandidatin Hannelore Kraft über die Bildschirme flimmert. Sie ruft in die Welt: "Die SPD ist wieder da!" Da wachen auch die Sozialdemokraten in Berlin auf und jubeln.

Erst eine Viertelstunde nach Krafts Auftritt in Düsseldorf bewegen sich im Willy-Brandt-Haus die gläsernen Aufzüge. Parteichef Sigmar Gabriel, für den NRW auch persönlich eine Testwahl ist, betritt die Bühne strahlend. Aus dem Publikum lässt er sich eine Pappe in den NRW-Farben Rot, Weiß, Grün geben. Darauf steht der bekannte Wahlkampfslogan: NRW gibt uns die Kraft. Als Gabriel die Werbe-Pappe für die Kameras hochhält, kommt das Parteivolk im Willy-Brandt-Haus endlich auf die Betriebstemperatur von Siegern. Gabriel genießt: "Das hat das Haus lange nicht gesehen und gehört."

Gabriel hat in den vergangenen Wochen und Monaten viel unternommen, um die SPD wieder auf Augenhöhe mit der CDU zu bringen. Gemeinsam mit Generalsekretärin Nahles hat er eine Ochsentour durch die Ortsvereine unternommen, um zu horchen, was die Basis will. Herausgekommen war ein Arbeitsmarktpapier, das den Hartz-IV-Reformen der Ära Schröder 'Adieu' sagt. Die Wähler danken es offensichtlich.

Der SPD-Chef verspricht auch noch, nun nicht übermütig werden zu wollen. Aber Gabriel wäre nicht Gabriel, wenn er es dann nicht doch würde. Es seien gleich zwei Regierungen abgewählt worden, meint er, die in NRW - und die in Berlin habe gezeigt, dass sie keine Mehrheit mehr habe. Am Ende des Tages beweist die CDU, dass sie mit einem Vorsprung von 6200 Stimmen immer noch die meisten Stimmen in Nordrhein-Westfalen geholt hat.

(RP)
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