Datenleck beim Landesinstitut für Schulen Behörde wies NRW-Schulministerium früh auf Sicherheitslücke hin

Düsseldorf · Ein internes Schreiben belegt, dass das Ministerium schon im vergangenen Herbst über fehlende Updates und Sicherheitspatches bei einer zentralen Software ihres Landesinstituts informiert war. Die Ministerin muss sich am Mittwoch kritische Fragen gefallen lassen.

Dorothee Feller (CDU), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen.

Dorothee Feller (CDU), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Im NRW-Schulministerium gab es – anders als bislang behauptet – bereits seit vergangenem Herbst Hinweise auf Sicherheitslücken bei der IT. Das belegt ein Schreiben des Landesinstituts für Schulen (Qualis), das unserer Redaktion vorliegt und über das zuerst der WDR berichtet hatte.

Im Frühjahr war kurz nach der Download-Panne beim Abitur bekannt geworden, dass Tausende Datensätze von Lehrkräften frei zugänglich im Netz verfügbar waren. Das Ministerium hatte stets behauptet, erst im Zuge der Aufarbeitung der Abiturpanne von dem Sicherheitsleck Kenntnis erlangt zu haben. Dass zumindest Teile des Hauses von Problemen bei Qualis wussten, legt nun ein interner Brief der Qualis vom 13. September 2022 an eine Referatsleiterin im Ministerium nahe.

Darin macht die Behörde auf gravierende Risiken beim angewandten Content Management System (Inhaltsverwaltungssystem) Contenido hin. In dem Schreiben heißt es zu dem frei verfügbaren Programm: „Seit dem Jahr 2021 stellt die Community zur Weiterentwicklung des CMS Contenido keine regelmäßigen Updates und Sicherheitspatches zur Verfügung.“ Zudem verweist die Qualis darauf, dass das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik die Verwendung des Programms nicht mehr empfehle. „Um auch zukünftig für die Rechtssicherheit der auf dem Internetangebot der Qualis veröffentlichten umfangreichen Seiten (Lehrplannavigator, Bildungspläne Berufsbildung und so weiter) gewährleisten zu können, ist der Wechsel auf ein zeitgemäßes CMS unvermeidbar.“ Zudem weist das Landesinstitut darauf hin, dass die Umstellung mit den vorhandenen Kapazitäten nicht mehr leistbar sei: „Die benötigte Fachexpertise steht im Haus nicht zur Verfügung. Deshalb ist es erforderlich, eine externe Agentur in die Umsetzung dieses Prozesses einzubeziehen.“

Die Opposition ist entrüstet und verlangt Aufklärung. „Ich bin sehr irritiert über diesen Vorgang. Wenn es seit mehr als einem halben Jahr Hilferufe an das Ministerium gab, dann sieht die Geschichte jetzt auf einmal ganz anders aus. Dann hätte Ministerin Feller den Landtag unzureichend informiert“, sagte die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Dilek Engin, unserer Redaktion. Spätestens als die Schwachstelle öffentlich bekannt geworden sei, hätte man im Ministerium ihrer Meinung nach hellhörig werden müssen. „Dann hätte man sagen müssen: ,Da gab es dieses Schreiben. Da haben wir nicht richtig drauf reagiert.' Aber das hat sie nicht getan.“ Stattdessen habe Ministerin Dorothee Feller (CDU) den Eindruck erweckt, als wären die Probleme alle ganz neu. „Das scheint aber nicht der Fall zu sein. So etwas Ähnliches kennen wir ja auch schon vom NRW-Verkehrsminister in der Causa A45-Brücke. Da hieß es auch monatelang, es gebe keine Vorgänge dazu in seinem Haus. Bis sich das Gegenteil herausstellte. Wir erwarten jetzt, dass alle Akten offengelegt werden. Das Verwaltungs-Image der Ministerin bekommt jedenfalls immer mehr Kratzer." Die SPD hat für Mittwoch eine aktuelle Viertelstunde im Schulausschuss beantragt.

Auch die FDP reagierte mit Kritik: „Diese neue Information hat mich schockiert“, sagte deren schulpolitische Sprecherin Franziska Müller-Rech. „Denn Schulministerin Feller hat noch in der Fragestunde am 3. Mai 2023 im Landtag behauptet, erst vor knapp zwei Wochen von den IT-Problemen bei der Qualis erfahren zu haben. Es steht jetzt der Verdacht im Raum, dass die Ministerin das Parlament nicht wahrheitsgemäß informiert hat.“ Müller-Recht mutmaßte, dass Ministerin Feller mit der Qualis einen Sündenbock schaffen wolle, um von ihrer politischen Verantwortung abzulenken.

Claudia Schlottmann, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, warf der Opposition dagegen vor, diese konstruiere sich eine Geschichte, bei der sie die Fakten böswillig verkenne: „Das Schreiben des Qualis war keine akute Problemanzeige, sondern diente der Arbeitsebene des Ministeriums als Info, dass die Homepage überarbeitet werden müsse. Daraus etwas anderes zu spinnen, ist unredlich.“ Schlottmann erklärte, Schulministerin Dorothee Feller habe sich in den vergangenen Wochen die geerbten Defizite im Ministerium aus Vorgängerregierungen genau angeschaut und werde hier entschlossen handeln.

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