Nach Kritik an der Deutschen Bahn Boris Palmer zieht sich nach Shitstorm von Facebook zurück

Düsseldorf · Tübingens grüner Oberbürgermeister reagiert auf massen hafte Anfeindungen wegen fremdenfeindlicher Äußerungen. NRW-Grüne gehen auf Distanz.

Foto: dpa

Nach massenhafter Kritik an seinen Äußerungen zur Werbekampagne der Deutschen Bahn zieht sich der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Grüne) von Facebook zurück. „Ich poste von 0 Uhr bis zur Kommunalwahl nichts mehr auf Facebook“, sagte der Grünen-Politiker der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. Er hatte bereits vor längerer Zeit angekündigt, im Mai „Facebook-Fasten“ zu wollen. Nun zieht er sich eine Woche früher zurück. Palmer sagte, er sei entsetzt über die Reaktionen, in denen er vielfach als rassistisch bezeichnet wurde. „Ich wurde falsch verstanden und jetzt wird auf mich eingeprügelt“, so der 46-Jährige.

Auslöser war Palmers Kritik an einer Werbekampagne der Bahn. Der Konzern wirbt auf seiner Internetseite mit Bildern von Reisenden mit unterschiedlichen Hautfarben, unter anderem mit dem dunkelhäutigen TV-Koch Nelson Müller. „Ich finde es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Deutsche Bahn die Personen auf dieser Eingangsseite ausgewählt hat“, schrieb Palmer auf Facebook. „Welche Gesellschaft soll das abbilden?“ Seinen Beitrag hatte er mit den Worten eingeleitet: „Ein Shitstorm wird nicht vermeidbar sein.“

Im Radioprogramm „SWR Aktuell“ bekräftigte Palmer am Mittwoch seine Kritik an der Kampagne. „Menschen wie ich, also alte, weiße Männer, tauchen auf dieser Bildauswahl nicht auf“, sagte er. „Das finde ich erst mal erklärungsbedürftig.“

In der eigenen Partei hagelte es Kritik, auch in NRW: „Wir Grüne NRW begreifen Vielfalt als Chance für unser Land“, sagte ein Sprecher, „wir begrüßen es, dass die Deutsche Bahn mit ihrer aktuellen Werbekampagne diese Vielfalt auch abbildet.“ Der Grünen-Politiker Ali Bas aus NRW ging noch weiter: „Es wird Zeit, den Hut zu nehmen, Herr Palmer!“

Palmer fiel schon mehrfach durch extreme Positionen auf: Im Oktober 2015 etwa forderte er, die EU-Außengrenzen zu schließen, notfalls bewaffnet. Später entschuldigte er sich dafür. Im vergangenen Jahr war er mehrfach öffentlich dafür eingetreten, „auffällige“ Flüchtlinge aus von Kommunen betriebenen Unterkünften in „sichere Landeseinrichtungen“ in entlegenen Gegenden zu verbringen und dort unter Polizeibewachung zu stellen. Dabei bezog er ausdrücklich nicht straffällige „Störer“ und „Tunichtgute“ ein. Das CDU-geführte Landesinnenministerium erklärte daraufhin, dafür gebe es keine rechtliche Grundlagen. Erst vor wenigen Tagen hatte er die Erziehungsmethoden eines Zuwanderer-Paares auf einem Spielplatz kritisiert. (mit dpa)

(kib)
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