Gespräch mit Recep Tayyip Erdogan Laschets Balanceakt am Flughafen

Das Treffen von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan war eine heikle diplomatische Mission.

Der Händedruck wirkt förmlich. Die Blicke streben auseinander, die Mienen sind angespannt. Bei diesem Treffen zwischen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gilt es, die Balance zu wahren zwischen diplomatischer Etikette und demokratischer Haltung.

Den Rahmen bestimmt das Protokoll. Und das schnurrt an diesem sonnigen Herbsttag nach Schema F herunter. Als Erdogans türkischer Flieger um 14:15 Uhr mit viertelstündiger Verspätung auf dem Köln/Bonner Flughafen gelandet ist, erwartet Laschet ihn bereits auf dem Rollfeld. Der rote Teppich ist ausgerollt, 20 NRW-Polizisten bilden links und rechts davon ein Ehrenspalier. Die Tür neben dem Cockpit öffnet sich, schließt, öffnet sich erneut. Dann tritt Erdogan heraus, neben ihm seine Frau. Hand in Hand steigen die beiden die Gangway hinunter, der türkische Staatspräsident behält seine Sonnenbrille auf.

Gleich nach der Begrüßung geht es weiter zum Empfangsgebäude im militärischen Teil des Köln/Bonner Flughafens. Hunderte von Polizisten eskortieren die etwa 20 dunklen Limousinen dorthin – Erdogan ist mit einer ungewöhnlich großen Entourage von rund 200 Begleitern angereist.

In einem winzigen Raum, vollgestopft mit Ledersesseln, findet die Unterredung statt. Von deutscher Seite sind außer Laschet auf politischer Ebene auch Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner dabei und Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski. Erdogan bringt Außenminister Mevlüt Cavusoglu mit und seinen Botschafter. Dass die Gespräche in dieser schmucklosen Umgebung stattfinden, ist eine Notlösung. Eigentlich war das repräsentative Schloss Wahn für das Treffen mit dem Staatsgast aus der Türkei vorgesehen. Doch die Eigentümerfamilie von Eltz-Rübenach erfuhr davon erst aus den Medien und ließ aus politischen Gründen am Vortag eilends per Gericht untersagen, dass ihr Eigentum für ein Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten genutzt wird.

Ohnehin hatte es im Vorfeld in NRW viel Kritik daran gegeben, einen Autokraten mit diplomatischen Ehren als Staatsgast zu empfangen. Als Armin Laschet nach seinem Gespräch gegen 15:50 Uhr vor die Presse tritt, beginnt er denn auch mit einer Rechtfertigung: „Je angespannter die Zeiten sind, desto wichtiger ist der Dialog, auch der kritische.” Der Empfang entspreche protokollarischen Gepflogenheiten gegenüber einem vom Bundespräsidenten geladenen Staatsgast, sagt Laschet, und bringt damit indirekt zum Ausdruck, dass damit der Höflichkeiten dann auch genug ist. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern seien überschattet von den inneren Entwicklungen in der Türkei, von den Verhaftungswellen, die auch deutsche Staatsbürger beträfen, vom Umgang mit der Presse- und mit der Religonsfreiheit. Laschet mahnt Rechtsstaatlichkeit an – und bringt beiläufig die wirtschaftliche Dimension ins Spiel: Eine Normalisierung der politischen Beziehungen und Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen – für die es großes Potenzial gäbe – sei nur unter dieser Voraussetzung möglich. Damit trifft er Erdogan an einem schwachen Punkt, seit dem Wertverfall der türkischen Lira sind die wirtschaftlichen Probleme groß.

Was Erdogan ihm erwiderte, überliefert Laschet so: Der Präsident habe wie schon in Berlin auf die Unabhängigkeit seiner Justiz verwiesen. Ein sehr konzentriertes und ernsthaftes Gespräch sei das gewesen, resümiert der Ministerpräsident und fügt dann einen dieser diplomatischen Sätze an, die ahnen lassen, wie angespannt die Atmosphäre wirklich war: „Ich denke, dass der türkische Präsident signalisieren wollte, dass er an einer Verbesserung der Beziehungen interessiert ist.“ Er habe die kritischen Punkte aufgenommen und sei in eine Diskussion eingestiegen.

Zu diesem Zeitpunkt sind über dem Empfangsgebäude am Flughafen längst zwei Helikopter aufgestiegen, die zusammen mit zig Polizeifahrzeugen dafür sorgen sollen, dass Erdogans Staatslimousine mit den beiden türkischen Flaggen auf der Motorhaube sicher in Köln ankommt. Um die große Ditib-Moschee zu eröffnen. Für jene, die ihm dabei zujubeln werden, hat Laschet auch noch eine Botschaft parat: „Muslime, die in eine Moschee gehen, sind Bürger unseres Landes.“ Aber: „Wir sind deren Ansprechpartner, nicht der türkische Präsident.“

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