Sexuelle Gewalt Beweismittel per Taxi transportiert

Düsseldorf · Bei der anonymen Spurensicherung fehlt es an einheitlichen Standards und Geld - das ergab eine Expertenanhörung im NRW-Landtag. Das Angebot für Opfer sexueller Gewalt soll bald flächendeckend verfügbar sein.

 Nicht selten werden Vergewaltigungsopfer zuvor mit K.o.-Tropfen ausgeschaltet.

Nicht selten werden Vergewaltigungsopfer zuvor mit K.o.-Tropfen ausgeschaltet.

Foto: Bretz Andreas/Bretz, Andreas (abr)

Manchmal werden die Tatspuren im Taxi transportiert, manchmal gar dem Opfer mit nach Hause gegeben. Vor Gericht haben solcherart erhobene Beweise später allerdings keine Aussagekraft.

Bei der anonymen Spurensicherung (ASS) gibt es noch einiges zu verbessern, wie eine Expertenanhörung im Landtag ergab. Das Verfahren gibt Opfern sexueller Gewalt Bedenkzeit. Oft sind sie direkt nach der Tat nicht in der Lage, Anzeige zu erstatten. Sie können die Spuren zunächst sichern und zu einem späteren Zeitpunkt Anzeige erstatten.

Vor Ort gebe es aber viel zu viele unterschiedliche Verfahren – je nach Ressourcen, kritisierte Conny Schulte vom Landesverband autonomer Frauen-Notrufe NRW. Es müsse dringend landesweite Standards geben, lautete daher eine Forderung der Gutachter und Wissenschaftler. Für die aufwendige ärztliche  Untersuchung gebe es nur eine Notfallpauschale von 24 Euro, die Spurensicherungssets und Dokumentationsbögen der Tat seien nicht vereinheitlicht und die Kosten nicht abrechnungsfähig. Zum Teil würden diese Sets von Frauenberatungsstellen zusammengestellt, zum Teil von Ehrenamtlichen oder von der Polizei. Unklar sei auch die Finanzierung der Laborarbeiten, etwa um festzustellen, ob K.o.-Tropfen im Spiel waren. Ebenso fehlten für Transport und Lagerung verbindliche Regeln, heißt es in dem Gutachten des Dachverbandes der autonomen Frauenberatungsstellen. Vergewaltigung verjährt nach 20 Jahren – so lange müssten die Asservate also eigentlich aufbewahrt werden. In NRW liege die Höchstdauer in Krankenhäusern zurzeit aber bei zehn Jahren, in manchen Kliniken nur bei einem Jahr.  Weil Standards und Finanzierung unklar seien, sprängen zurzeit immer mehr Krankenhäuser ab, sagte Ute Speier-Lemm vom Dachverband der autonomen Frauenberatungsstellen.

Dringend erforderlich sei auch eine bessere Schulung der Ärzte, ergänzte Britta Gahr vom Institut für Rechtsmedizin an der Uni Düsseldorf. In der Arzt-Ausbildung sei zu dem Thema nur ein Seminar in einem Semester vorgesehen. „Wenn Ärzte nicht entsprechend geschult sind,  ist alles andere vergebliche Liebesmüh“, sagte Gahr. Wie wichtig die Möglichkeit von ASS auch für Männer ist, machte Gutachter Jürgen Antoni anhand eines Beispiels klar. Ein männlicher Gefangener könne gegen einen Vergewaltiger nicht sofort Anzeige erstatten, weil er sonst mit Drangsalierungen zu rechnen habe: „Es ist undenkbar, dass er sofort Strafanzeige stellt.“

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