Blick auf die NRW-Metropolen Ampel-Sorgen für Aachens neuen OB

Nach dem Wahlsieg von Marcel Philipp in Aachen kommen auf den erst 38 Jahre alten OB möglicherweise die ersten Probleme zu. Im Stadtrat könnte der CDU-Politiker durch eine Ampel ausgebremst werden. Auch in anderen NRW-Großstädten hat die schwierige Suche nach Mehrheiten begonnen.

 Der Sieger: Marcel Philipp ist mit 38 Jahren der jüngste Bürgermeister von Aachen.

Der Sieger: Marcel Philipp ist mit 38 Jahren der jüngste Bürgermeister von Aachen.

Foto: CDU

Der Generationenwechsel im Aachener Rathaus ist perfekt. Nach der Ära von Jürgen Linden (SPD), der sein Büro nach 20 Jahren räumt, wird Philipp nun der jüngste Bürgermeister der Stadt. Der CDU-Kandidat hatte seinen sozialdemokratischen Konkurrenten Karl Schultheis bei der Wahl am Sonntag knapp geschlagen — 43,3 Prozent der Stimmen gingen an den Sieger, auf Schultheis entfielen 40,1 Prozent.

Die Euphorie im Lager der Christdemokraten könnte sich aber schon bald wieder etwas legen. Denn die SPD versucht, im Stadtrat ein Ampelbündnis zu schmieden — und könnte dem neuen OB das Leben damit schwer machen. "Wir haben bereits vor einem Jahr vereinbart, dass wir gemeinsam nach einem dritten Partner suchen, wenn es für Rot-Grün nicht reichen sollte", bekräftigte der Fraktionschef der SPD, Heiner Höfken, in den "Aachener Nachrichten".

Gemeint ist die FDP, die allerdings zunächst ihre inhaltlich schweren Differenzen mit den Grünen ausgleichen müsste. Sowohl Grüne als auch Liberale signalisierten jedoch bereits, dass man zu Gesprächen bereit sei.

Die CDU allerdings sieht sich als stärkste Kraft im Rat und Partei des neuen OB in der Handlungsverantwortung. "Die größte Fraktion muss entscheidende Kraft sein" sagt der neue OB Philipp, der die Amtsgeschäfte am 21. Oktober aufnehmen wird. Doch nach Lage der Dinge muss er eine rot-gelb-grüne Mehrheit zumindest befürchten.

In Bonn ist eine eindeutige Mehrheit nicht in Sicht. In den Jubel um die Wahl des neue Oberbürgermeisters Jürgen Nimptsch (SPD) mischte sich bei den Sozialdemokraten daher ein wenig Frust. "Unser Ziel, mit einer stärkeren Fraktion als bisher aus dieser Wahl herauszugehen, haben wir ganz klar verfehlt", räumte SPD-Fraktionschef Wilfried Klein im "Bonner General-Anzeiger" ein.

Die Sozialdemokraten stellen mit 19 Sitzen nur die zweitstärkste Fraktion — hinter der CDU mit 27. Trotzdem sind die Verantwortlichen zuversichtlich, eine Mehrheit im Stadtrat organisieren zu können. Auch mit den Grünen will die SPD reden — und dass, obwohl man sich nach der letzten Kommunalwahl nach nur einem gemeinsamen Jahr Ampelbündnis im Streit getrennt hatte. Seit dieser Zeit arbeiteten die Genossen mit der CDU zusammen.

Ob es zu einer Fortsetzung dieser Kooperation kommt, ist jedoch ungewiss. Eine Ampel mit Grünen (15 Sitze) und FDP (10 Sitze) wäre rechnerisch zumindest denkbar.

Äußerst knapp geht es im Rat der Stadt Köln zu. SPD (25 Sitze) und Grüne (20) haben mit ihren 45 von 90 Sitzen eine Mehrheit — weil der neue sozialdemokratische OB Jürgen Roters dort Stimmrecht hat, ohne jedoch Mitglied zu sein.

Der Nachfolger von Fritz Schramma (CDU) hat damit eine starke politische Stellung. Denn der 60-Jährige ist zugleich Chef der Stadtverwaltung mit ihren mehr als 16.000 Beschäftigten. Als ranghöchster Beamter hat er letztlich das zu verantworten, was die Verwaltung erarbeitet und entscheidet.

In Essen deutet nach den schweren Verlusten der CDU bei den Kommunalwahlen vieles darauf hin, das zum ersten Mal in dieser Stadt ein Bündnis zwischen SPD und Grünen gebildet wird.

Am späten Montag hatten sich die Spitzen der mit 37,2 Prozent stärksten Kraft SPD und den Grünen - mit 11,4 Prozent drittgrößte Partei in der Stadt im Rathaus — zu ersten Gesprächen getroffen. Eine Kooperation aus Grünen und CDU hatte die Stadt in den vergangenen fünf Jahren regiert.

Eindeutig sind die Verhältnisse in Gelsenkirchen, wo der alte und neue Bürgermeister Frank Baranowski heißt. Dessen SPD hat im Rat eine absolute Mehrheit. Trotzdem wollen die Sozialdemokraten aber ihre Hand zu den anderen Fraktionen ausstrecken und in den wichtigen Fragen auf breite Mehrheiten setzen.

Man gibt sich bei den Sozialdemokraten also betont gönnerhaft, statt sich an der Tatsache zu amüsieren, dass die CDU ein Wahldebakel erlebt hat. Nach dem mit 22,5 Prozent schlechtesten Ergebnis seit 50 Jahren ist die Fraktion der Christdemokraten um fast ein Drittel dezimiert worden.

Dortmunds künftiger Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) muss im Stadtrat genausowenig um eine Mehrheit bangen. Gemeinsam mit den Grünen können die Sozialdemokraten mühelos regieren. "Das Wahlergebnis bedeutet für die Stadt Kontinuität", jubelte der 53-Jährige.

Sierau hatte in der "Herzkammer der Sozialdemokratie" den parteilosen OB-Kandidaten Joachim Pohlmann, der für CDU und FDP angetreten war, deutlich hinter sich gelassen. Er folgt nun Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer nach, der nach parteiinternen Querelen aus dem Amt ausscheidet. Sierau kündigte bereits an, den von den Sozialdemokraten eingeleiteten Strukturwandel fortzusetzen.

Im Duisburger Stadtrat bahnt sich derweil eine schwierige Suche nach Mehrheiten an. Der alte und neue Oberbürgermeister Adolf Sauerland hat mit seiner CDU Verluste hinnehmen müssen. Als zweitstärkste Fraktion mit 25 Sitzen liegen die Christdemokraten hinter der SPD (29), aber vor Grünen, Linken (jeweils sechs) und Liberalen (3).

Die Lage ist festgefahren: Bereits Für den Rat scheint es derzeit keine eindeutigen Mehrheiten oder Koalitionsoptionen zu geben.

(asl/tim)
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