Pandemiebekämpfung Am Samstag fällt auch für die Impfzentren die Priorisierung

Düsseldorf · In den zentralen Impfeinrichtungen konnten sich zuletzt nur über 60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen einen Termin besorgen. Minister Laumann verteidigt die Pläne, die Impfzentren in ihrer derzeitigen Form auslaufen zu lassen.

 Karl-Josef Laumann spricht während der Pressekonferenz  zur aktuellen Lage der Corona-Pandemie. 
  Foto: M. Kusch/dpa

Karl-Josef Laumann spricht während der Pressekonferenz  zur aktuellen Lage der Corona-Pandemie. Foto: M. Kusch/dpa

Foto: dpa/Marcel Kusch

Düsseldorf NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich angesichts rückläufiger Infektionszahlen zufrieden gezeigt. „Wir haben eine sehr gute Situation in den Krankenhäusern“, sagte Laumann in Düsseldorf. Deshalb würde die Corona-Schutzverordnung mit Ausnahme kleinerer Änderungen bis zum 8. Juli verlängert. Da alle NRW-Kommunen unter 35 lägen, sei ohnehin wieder vieles möglich.

Laumann verteidigte, dass NRW trotz der bundesweiten Aufhebung der Priorisierung zuletzt nur bestimmte Gruppen in den Impfzentren erstgeimpft hätte. Konkret galt dies für die verbleibenden Menschen über 60 Jahre sowie Vorerkrankte. Noch bis Samstag könne diese Gruppe bevorzugt Termine buchen, davon hätten bereits 77.000 Gebrauch gemacht. Man verzeichne nun aber ein rückläufiges Interesse, so dass ab Samstag alle Bürger ab 16 Jahren einen Impftermin vereinbaren könnten. „Wenn das örtliche Impfzentrum keinen Termin mehr hat, kann man sich auch an das Nachbarimpfzentrum wenden“, sagte Laumann und versprach, „wenn nun nicht der Himmel über unseren Köpfen zusammenbricht“, werde jedem Bürger bis Ende Juli ein Impfangebot gemacht.

Laumann verteidigte die Pläne, die Impfzentren in ihrer derzeitigen Form auslaufen zu lassen. Deren Betrieb verursache Kosten von 90 bis 91 Millionen Euro, die hälftig von Bund und Land übernommen würden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hätten klargestellt, dass die weiteren Impfungen im Regelsystem funktionierten. „Wir wollen aber weiter regionale Impfteams haben. Deswegen sind wir dabei, ein Konzept zu entwickeln, dass es bei den Kreisen und kreisfreien Städten eine entsprechende Struktur gibt“, sagte der Minister. Diese könnten dann aufsuchend in Behindertenheimen, Altenheimen oder Dorfzentren impfen, müssten dafür aber auch entsprechende Impfdosen zur Verfügung gestellt bekommen. Über die Ausgestaltung gibt es Gespräche mit dem Bundesgesundheitsministerium. Zudem kündigte er an, dass Impfstofflieferungen künftig flexibler verteilt werden könnten. Impfzentren in Regionen mit einer geringen Hausarztabdeckung oder mit nur wenigen Ärzten, die sich am Impfen beteiligten, könnten mehr Impfdosen bekommen. Sollte es zudem Hinweise geben, dass die Kinder- und Jugendärzte mit dem Impfen der Zwölf- bis 16-Jährigen nicht klarkämen, könne man auch darüber nachdenken, diese in den Impfzentren zu impfen.

Mit Blick auf die hoch ansteckende Delta-Variante sagte Laumann, man müsse vorsichtig bleiben. Das Testen werde weiter dazugehören. „Wenn jemand im Urlaub war, sollte er vor dem Besuch der Großeltern oder dem Weg ins Büro geht – unabhängig vom Urlaubsort –, einen Test machen. Das ist eine gute Solidarleistung, die nichts kostet. Das ist zumutbar“, sagte Laumann.

Man sehe bereits, dass die britische Variante von der Delta-Variante abgelöst werde, sagte Laumann und bezifferte den Anteil auf zehn Prozent. Ob im Herbst eine vierte Welle komme, sei unklar. Deutschland sei aber besser aufgestellt als im Vorjahr angesichts des Impffortschritts und der Testmöglichkeiten.

Laumann verteidigte, die von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) angekündigten Lockerungen. Er sei auch der Meinung, dass man bei sinkenden Inzidenzen Grundrechtseinschränkungen zurücknehmen müsse, sich aber jedoch für den Fall einer Verschlechterung der Lage wappnen solle. Laumann sprach in diesem Zusammenhang von einem atmenden System.

Die Opposition warf ihm dagegen einen leichtfertigen Umgang mit der Pandemie vor: „Die Landesregierung ist beim Öffnen mit einem Formel-1-Tempo unterwegs, aber bei der Delta-Variante mit der Kutsche“, sagte Josef Neumann, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, unserer Redaktion, „sie ist inzwischen bei uns angekommen. Wir haben Millionen, die nicht geimpft sind. Vor allem die jüngeren Jahrgänge.“ Wenn er jetzt daran denke, dass die Massen in Richtung Wembley-Stadion strömten, dann werde ihm angst und bange. „Man kann nicht erst die nächste Welle abwarten, sondern muss jetzt tätig werden. Diese Landesregierung handelt meines Erachtens durch ihre Untätigkeit grob fahrlässig“, sagte Neumann.

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