AfD-Landesparteitag in Kalkar Neuaufstellung im Wunderland

Düsseldorf · Die nordrhein-westfälische AfD trifft sich am Wochenende zum Parteitag in Kalkar. Die Neuwahl des NRW-Vorstands könnte ebenso turbulent werden wie die des Bundesvorstands beim Bundesparteitag vergangene Woche in Hannover. Heftigen Streit wird es um den Rechenschaftsbericht geben.

NRW: Das ist die AfD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag
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Foto: Bernd Wüstneck

Wenn sich die Delegierten der nordrhein-westfälischen AfD an diesem Wochenende in Kalkar nahe der niederländischen Grenze zusammenfinden, dann tut sie das in einer durchaus schrägen Kulisse: Das "Kernwasser Wunderland", wie es noch bis 2005 hieß, war bis 1995 als Areal für den "schnellen Brüter" hochgezogen worden. Heute ist das Wunderland ein Freizeitpark mit Achterbahn und Kettenkarussell, das Kernkraftwerk wurde nie in Betrieb genommen. Für Sprengkraft wird in den Tagungsräumen aber eines gewiss sorgen: die Vorstandwahl der NRW-AfD.

Es ist der erste Parteitag ohne Marcus Pretzell, den umstrittenen Ex-Landeschef und Ehemann von Frauke Petry, dessen Abgang kurz nach der Bundestagwahl die AfD in NRW keineswegs befriedet hat. Zwei Lager stehen sich nach wie vor gegenüber: diejenigen, die als Pretzell-Anhänger galten - und in den Augen mancher nach wie vor gelten - und eben deren Gegner, die Großteils dem rechtsnationalen "Flügel" und der patriotischen Plattform um Björn Höcke zuzuordnen sind. Natürlich gibt es auch Mitglieder, die sich keiner Strömung unterordnen und je nach Situation der einen oder anderen anschließen.

Wer hat künftig das Sagen im mitgliederstärksten Landesverband?

Ebenso wie bei der AfD auf Bundesebene geht es den zwei zerstrittenen Lagern in NRW vor allem darum, wer künftig die Oberhand im mitgliederstärksten Landesverband hat. Zwei Komplexe werden den Parteitag in Kalkar dominieren: die Neuwahl des Vorstands und die Entlastung des alten Vorstands. Die Streitpunkte sind angesichts des Antragsbuchs, das unserer Redaktion vorliegt, absehbar: Wird den Landesverband eine Einfach-, eine Doppel- oder gar eine Dreierspitze anführen? Soll der Vorstand lieber für ein Jahr statt für zwei Jahre gewählt werden? Soll es neun statt fünf Richter im Schiedsgericht geben? Soll es einen stellvertretenden Schatzmeister geben? Auch einen jährlichen Rechenschaftsbericht fordert ein Antragsteller, statt nur alle zwei Jahre.

Doch bevor es um den künftigen geht, wird erst einmal der aktuelle Rechenschaftsbericht für eine hitzige Debatte sorgen: Sonja Schaak aus dem Kreis Lippe, die im Übrigen für den Vorsitz kandidieren will, fordert in ihrem Antrag eine externe Sonderprüfung der Finanzen aufgrund "möglicher Unregelmäßigkeiten innerhalb der Konto- bzw. Kassenführung des Landesverbands, die möglicherweise Straftatbestände erfüllen".

Gerüchte um veruntreute Gelder

Gerüchte um rund eine halbe Millionen Euro, die im NRW-Wahlkampf angeblich veruntreut wurde, gab es schon im Oktober, als der Parteitag eigentlich stattfinden sollte. Konkret soll ein Beleg über 521.000 Euro bei der internen Rechnungsprüfung gefehlt haben. Das rechte Magazin "Compact" berichtete darüber. Allerdings konnte der Vorstand die entsprechenden Verträge, Rechnungen und Kontoauszüge unserer Redaktion im Original vorlegen. Diese konkreten Vorwürfe gegen den alten Vorstand sind haltlos.

In einer internen Rundmail informierte der Vorstand die NRW-Mitglieder über die Vorgänge. Um eine "umfassende Klärung aller auch nur entfernt zweifelhaften finanziellen Entscheidungen" zu ermöglichen, will Landeschef Martin Renner am Samstag daher eine Vertagung der Entlastung beantragen. Der Rechenschaftsbericht soll an diesem Wochenende demnach kein Thema sein.

Renner wird wohl Ko-Chefs bekommen

Sollte Landeschef Renner dabei Rückhalt finden, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass er bei der Wahl zum Vorsitzenden auch wiedergewählt wird. Ebenso wahrscheinlich ist, dass ihm ein oder zwei Ko-Chefs zur Seite stehen werden. Für einen alleinigen Vorsitzenden gibt es wenig Befürworter in der NRW-AfD. Kandidieren werden: der Gelsenkirchener Bundestagsabgeordnete und Berufsschullehrer Jörg Schneider, der als Pretzell-Anhänger gilt. Aus dem rechtsnationalen Lager werden sich Michael Schild aus Unna, der Landtagsabgeordnete Thomas Röckemann aus Minden und Sonja Schaak bewerben. Auch Andreas Handt aus Düren, der am Wochenende beinahe in den Bundesvorstand gewählt worden ist, hat seine Kandidatur angekündigt. Nicht auszuschließen, dass es bei einem Rechtsruck im NRW-Vorstand einige Mitglieder gibt, die Marcus Pretzell doch noch folgen.

(jra)
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