Abkehr von G8 Abi nach 12 Jahren wird in NRW-Städten zur Ausnahme

Düsseldorf · In vielen großen Städten Nordrhein-Westfalens wechseln alle öffentlichen Gymnasien zum Abitur nach neun Jahren, also G9. Nur wenige bleiben beim alten Modell. Die Gewerkschaft fragt nun: Warum G8 überhaupt noch aufrecht erhalten?

 Schüler laufen vor einer Tafel, auf der „G8“ und „G9“ steht (Symbolfoto).

Schüler laufen vor einer Tafel, auf der „G8“ und „G9“ steht (Symbolfoto).

Foto: dpa/Armin Weigel

Die überwältigende Mehrheit der Gymnasien in Nordrhein-Westfalen kehrt zum Abitur nach neun Jahren (G9) zurück. Wie eine Umfrage unserer Lokalredaktionen ergab, will in Städten wie Düsseldorf, Krefeld, Leverkusen oder Mönchengladbach keine öffentliche Schule bei G8 bleiben. Auch in Köln, Bonn und Aachen kehren die öffentlichen Gymnasien nach Auskunft der jeweiligen Schulämter sämtlich zu G9 zurück. Landesweit werden nach Informationen unserer Redaktion nur vereinzelte Schulen die achtjährige Gymnasialzeit beibehalten. NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) äußerte sich dazu am Dienstag nicht. Sie will die Zahlen am Mittwoch im Schulausschuss vorstellen.

Die Umfrage bei Schulen und Schulämtern zeigt, dass G8 bei Lehrern, Eltern und Schülern noch weniger Rückhalt genießt als gedacht. Im Koalitionsvertrag der CDU/FDP-Landesregierung von 2017 hieß es noch: „Demgegenüber wünscht ein ebenfalls ernstzunehmender Anteil von Schülerinnen und Schülern, von Eltern und Schulleitungen G8“. Schulministerin Gebauer hatte sich daher ausdrücklich für eine Wahlmöglichkeit ausgesprochen.

In weiten Teilen Nordrhein-Westfalens dürfte diese Wahl nicht gegeben sein. Offenbar wollen nach aktuellem Stand kaum mehr als zwei Prozent der über 600 Gymnasien in NRW bei G8 bleiben. Eines der wenigen verbleibenden öffentlichen G8-Gymnasien ist demnach das Max-Planck-Gymnasium in Bielefeld. Die Schule bestätigte dies auf Anfrage, äußerte sich aber am Dienstag nicht zu den Beweggründen. Unter den privaten Schulen in der Region zählt das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Hilden zu den wenigen Ausnahmen, die bei G8 bleiben. Die Schule begründet dies auf ihrer Homepage im Internet damit, dass G8 gut funktioniert habe.

Die überwiegende Motivation für den Wechsel erklären Schul-Experten auch damit, dass an den Schulen die Sorge wuchs, sie könnten abgehängt werden, wenn das Gros der Lehranstalten zu G9 übergehe und wenn Lehrpläne, Schulbücher und Stundentafeln künftig vor allem auf das Abitur nach neunjähriger Gymnasialzeit ausgerichtet würden.

„Wenn praktisch alle zu G9 wechseln, wäre es klüger gewesen, die Rückkehr gleich verbindlich zu machen“, sagte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Dorothea Schäfer. Es stelle sich nun die Frage, ob es Sinn mache, den Bildungsgang G8 überhaupt noch dauerhaft aufrechtzuerhalten.

„In den Schulkonferenzen, die jeweils über den Wechsel zu entscheiden hatten, wurde häufig die Frage gestellt: ‚Wer kümmert sich denn dann noch um G8 und dessen Weiterentwicklung?‘“, hieß es beim Philologen-Verband NRW. Die Möglichkeit, das Schulprofil zu schärfen und in Konkurrenz zu anderen Gymnasien zu punkten, habe offenbar auch nicht überzeugt. Handlungsbedarf bestehe damit aber nicht. Im Gesamtbild zeige sich in der Schullandschaft nun eine beruhigte Situation.

„G8 ist ein Schulsystem von gestern“, sagte der schulpolitische Sprecher der oppositionellen SPD-Fraktion, Jochen Ott. Wichtig sei nun bei G9, die Dauer der Oberstufe individuell an das Leistungsvermögen der Schüler anzupassen. „Und die nächste Frage ist jetzt: Wie viele Gymnasien bleiben im Ganztag?“

(kib)
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