96 Prozent für Hannelore Kraft

Die wiedergewählte SPD-Landeschefin äußerte sich auf dem Parteitag in Düsseldorf nicht zu einem möglichen Bündnis mit der Linkspartei: „Auf diese Leimspur werden wir der CDU nicht gehen“, sagte sie.

Düsseldorf „Abgerechnet wird am Schluss“, rief Hannelore Kraft den Delegierten des Parteitags angesichts der bevorstehenden Wahlen aufmunternd zu. Ihre persönliche Rechnung ging derweil im Düsseldorfer Kongresssaal schon auf: Bei ihrer Wiederwahl als SPD-Landesvorsitzende erhielt sie mit 96,6 Prozent (427 Ja-Stimmen von 442) ein umjubeltes Ergebnis. Parteichef Kurt Beck, der die Delegierten mit einer nur mäßigen Rede wenig überzeugen konnte, zählte zu den ersten Gratulanten und überreichte ihr einen dicken Blumenstrauß.

Ein langes Gesicht machte hingegen der bisherige Partei-Vize Karsten Rudolph. Bei der Wahl der vier stellvertretenden Landesvorsitzenden verlor er seinen Posten an den Kölner Jochen Ott (33). Der Gesamtschullehrer mit den blendend weißen Zähnen hatte zuvor die „miese schwarz-gelbe Politik“ attackiert, aber auch der eigenen Partei kritisch „Verzagtheit“ zu Regierungszeiten in Sachen Schulpolitik vorgehalten.

Nach den Wortbruch-Querelen um Hessen rief Hannelore Kraft die Bundespartei zur Geschlossenheit auf: „Die letzten Wochen waren hart. Dazu haben wir auch selbst manches beigetragen.“ Besonders geärgert habe sie sich darüber, dass aus den eigenen Reihen Öl ins Feuer gegossen worden sei, sagte sie, ohne Ex-Regierungschef Wolfgang Clement zu nennen, der gegen die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti Front gemacht hatte.

Der Regierung Rüttgers warf sie vor, sich auf Kosten der Kommunen zu bereichern. Der Ministerpräsident trage die Verantwortung für das Desaster bei der WestLB: „Er hat die Bank zur Chefsache gemacht. Durch seine Taktiererei und Entscheidungsschwäche ging viel Zeit verloren.“ Das müssten jetzt die Steuerzahler ausbaden. Sowohl Rüttgers als auch Oskar Lafontaine von der Linkspartei seien groß darin, Wohltaten zu fordern, aber über die Finanzierung zu schweigen. Kraft: „Beide sind Populisten: Jürgen Lafontaine und Oskar Rüttgers.“

Zu einer möglichen Koalition mit der Linkspartei in NRW wolle sie sich nicht äußern, sagte die Parteichefin: „Auf diese Leimspur werden wir der CDU nicht gehen.“ Ziel der Partei müsse es sein, die Linke aus dem Landtag rauszuhalten: „Wir suchen die Auseinandersetzung, nicht die Zusammenarbeit.“

Anders als Kraft, die eine ordentliche, aber keineswegs glänzende Rede hielt und dabei in weiten Teilen vom Blatt ablas, hatte Parteichef Beck mit seiner frei gehaltenen Rede erhebliche Mühe, die Erwartungen der Delegierten zu erfüllen. Erst im letzten Drittel schien er in Fahrt zu geraten. Unter Anspielung auf „die so genannte Linkspartei“ fragte er eindringlich nach dem Verbleib des SED-Vermögens. Der Union hielt er in diesem Zusammenhang vor, mit der Ost-CDU zusammengegangen zu sein. Im Streit um die Linke habe die Union der SPD deswegen keine Vorschriften zu machen: „Wie kommen die dazu, uns über Demokratie belehren zu wollen?“ Die SPD werde sich auch „nicht einmauern“ lassen, zumal die CDU in Hamburg ein Bündnis mit den Grünen anstrebe. Über mögliche Bündnisse mit der Linken werde in den Landesverbänden entschieden. Eine rot-rote Koalition auf Bundesebene schloss Beck aus. Die Koalition mit der Union solle bis 2009 fortgeführt werden: „Wir sind verlässliche Partner.“

In Vorbereitung auf die Kommunalwahlen im nächsten Jahr verabschiedete der Parteitag einen umfangreichen kommunalpolitischen Leitantrag. Darin wird unter anderem das kommunale Wahlrecht für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten sowie die Wiedereinführung der Stichwahl bei der Wahl der Bürgermeister und Landräte gefordert. Angesichts der von der Landesregierung angestrebten Vorziehung der Kommunalwahl und Zusammenlegung mit der Europawahl im Frühsommer erwägt die SPD derzeit eine Klage vor dem Verfassungsgericht, wie Hans-Willi Körfges zu erkennen gab.

Die CDU warf der SPD vor, sich mit ihrem „Wünsch-dir-was-Programm auch auf kommunaler Ebene fit zu machen für rot-rote Bündnisse“. Die Versprechungen des SPD-Leitantrags – etwa bei der Förderung von Kinder- und Jugendeinrichtungen – würden Landeshaushalt und Kommunen mit 1,5 Milliarden Euro belasten. Die NRW-SPD biete „das traurige Schauspiel einer maroden Partei ohne Schwung“, meinte CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst.

(RP)
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