Ausstellung "Zeichen gegen den Krieg" in Duisburg Zerlegte Freiheitsstatue in Originalgröße

Duisburg · Am 11. September wird im Lehmbruck-Museum die Ausstellung "Zeichen gegen den Krieg - Antikriegsplastik von Lehmbruck bis heute" eröffnet. Zu sehen sind Werke von 21 Künstlern aus aller Welt.

 Der 1975 in Vietnam geborene und später in Dänemark aufgewachsene Künstler Danh Vo hat die Freiheitsstatue im Maßstab eins zu eins nachgebaut -und dann in Einzelteile zerlegt. Einige von ihnen sind jetzt in Duisburg zu sehen.

Der 1975 in Vietnam geborene und später in Dänemark aufgewachsene Künstler Danh Vo hat die Freiheitsstatue im Maßstab eins zu eins nachgebaut -und dann in Einzelteile zerlegt. Einige von ihnen sind jetzt in Duisburg zu sehen.

Foto: Reichwein

Führt ein Krieg zur Verrohung der Menschen oder gibt es Kriege, weil die Menschen so roh sind? Der US-amerikanische Künstler Bruce Nauman (Jahrgang 1941) hat diese Frage in seiner Neoninstallation "RAW WAR" gestellt. Allerdings auf versteckte Weise. Das leuchtende Werk ist so programmiert, dass die Buchstaben des Wortes WAR (=Krieg) von rechts nach links aufleuchten und so das Wort "RAW" (=roh) bilden. Das Palindrom(Worte, die man in beide Richtungen lesen kann) hat es in diesem Fall in sich. Bei Bruce Nauman fand Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck-Museums, auch den Titel der umfangreichen, wichtigen und sehr sehenswerten Ausstellung: "Zeichen gegen den Krieg".

Im Wechselausstellungsraum, im großen Foyer und in den so genannten Dreiecksräumen werden Werke von 21 Künstlern gezeigt, die sich auf unterschiedliche Weise mit kriegerischen Konflikten beschäftigen. Den Anfang macht dabei Lehmbrucks 1915 entstandene Plastik "Der Gestürzte"; eine Skulptur, die längst als Schlüsselwerk der Antikriegskunst gilt. Gezeigt wird übrigens nicht die Gipsfassung aus der Sammlung des Lehmbruck-Museums, sondern das Original aus Bronze, eine Leihgabe aus Karlsruhe.

Die Ausstellung ist nicht als historische Schau konzipiert, vielmehr geht es um den generellen Gesichtspunkt, wie Künstler auf Kriege und kriegerische Konflikte blicken; allerdings stets in der Position der Antikriegshaltung. Das Besondere der Ausstellung ist, dass viele der in Duisburg präsentierten Künstler am eigenen Leib gespürt haben, was Krieg bedeutet. Zu sehen sind Skulpturen, Installationen, Rauminszenierungen, Video- und Fotoarbeiten von Künstlern aus dem Libanon, Israel, USA, Chile, Bosnien, Großbritannien, Peru, Serbien, Spanien, Deutschland und Vietnam.

Zu jedem Werk könnte man viel sagen. Natürlich auch zum "Gestürzten", den Wilhelm Lehmbruck für einen Wettbewerb geschaffen hat, bei dem es um ein Heldendenkmal ging. Natürlich hat Lehmbruck den Wettbewerb nicht gewonnen. Seine Skulptur, der übrigens 60 Skizzen vorausgingen, wurde dennoch weltberühmt. Erläuterungsbedürftig ist die mehrteilige spektakuläre Kupferinstallation im Foyer, die sich nicht auf den ersten Blick erschließt, aber dennoch zu den interessantesten Arbeiten der vergangenen Jahre gehört: Der 1975 in Vietnam geborene und später in Dänemark aufgewachsene Künstler Danh Vo hat die Freiheitsstatue im Maßstab eins zu eins nachgebaut und zwar - wie das von Paris nach New York transportierte Original - in 300 Teilen. Diese aus dünnem Kupfer bestehenden Elemente sind nun in Ausstellungen an verschiedenen Orten der Welt verteilt. Unter anderen eben auch im Lehmbruck-Museum.

Vom peruanischen Künstler Jota Castro (Jahrgang 1965) ist eine spiegelnde Guillotine zu sehen, die "Zeitgeist" heißt. Hier ist der zeitliche Brückenschlag von der Französischen Revolution, die man heute mit der Hinrichtungsmaschine in Verbindung bringt, zur Gegenwart vollzogen. "Drei Versuche über Nürnberg" heißt die Arbeit von Werner Büttner (Jahrgang 1954). Die Installation besteht aus drei aufgesockelten gesichtslosen Holzfiguren mit Schnüren um den Hals. Die anonymisierten Skulpturen sind mit den Namen Julius Streicher, Fritz Sauckel und Ernst Kaltenbrunner beschriftet, drei Nazis, die in Nürnberg zum Tode durch den Strang verurteilt worden waren. Die Arbeit hat eine besondere Pointe: Büttner zitiert in seinen Skulpturen die expressionistischen Brücke-Künstler, die in der Ausstellung "Entartete Kunst" von den Nazis geächtet wurden.

Lehmbruck bis "Checker" - berühmte Duisburger Persönlichkeiten
22 Bilder

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Die amerikanische Medienkünstlerin Lynn Hershman Leeson (Jahrgang 1941) fordert die Besucher auf, eine (nachgebaute) Waffe in die Hand zu nehmen und abzudrücken. Durch die Zielvorrichtung sieht der Besucher auf einem kleinen Monitor Videobilder von Kriegsszenen. Wenn der Abzug gedrückt wird, überlagert sich sein eigenes Bild als Schütze mit diesen Videobildern.

Marina Abramovic (Jahrgang 1946) bekam 1997 bei der Biennale in Venedig für ihre Performance "Balkan Baroque" den Goldenen Löwen. Eine großformatige Aufnahme lässt diese Aktion lebendig werden, bei der die Künstlerin inmitten von 1500 blutigen Rinderknochen saß und diese unter Gesängen abschrubbte.

Eine der bekanntesten Arbeiten gegen den Vietnamkrieg, Duane Hansons "War" aus dem Jahr 1967, bekam nun im Museum einen eigenen Raum. Die Positionen der Soldatenkörper sind Verweise des Künstlers auf die christliche Ikonografie. Ähnlich wie Lehmbrucks "Gestürzter" schuf Hanson (1922 - 1996) ein Kunstwerk gegen den Krieg, das auch heute noch gültig ist. Dazu passt der rot aufleuchtende Globus von Mona Hatoum: die Erde als Krisenherd.

(RP)
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