Umzug des Landesarchivs Wie Napoleons Unterschrift in Duisburg eine neue Heimat findet

Duisburg · Zielstrebig steuert der Lkw das Rolltor zum Ladebereich des Archivs an der Schifferstraße an. Es ist einer von etwa zwölf, die täglich hier ankommen. Der kleine Lkw hat 15 Rollwagen geladen, in denen sich Akten befinden. Er ist nur zur Hälfte beladen.

So läuft der Umzug am Landesarchiv
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"Papier ist schwer, und die Achslast der Lkw wäre bei voller Beladung um ein Vielfaches überschritten", erläutert Günter Drögeler, stellvertretender Präsident des Landesarchivs und Projektleiter des Umzugs. Der Einsatz von kleineren Lastern hat einen weiteren Grund: "An einem der bisherigen Standorte, dem Schloss Kalkum, gibt es Torbögen, durch die eben nur kleine Fahrzeuge passen", sagt Drögeler. Alle Akten werden auf die gleiche Weise transportiert — auch für eine Urkunde mit Napoleons Unterschrift wurde keine Ausnahme gemacht.

Nach der Ankunft im Ladebereich ist die Reise der Dokumente noch lange nicht beendet. Speditionsmitarbeiter Marcel Baumgarten lädt einen der Rollwagen vom Lkw ab. In ihm sind Akten aus Brühl verstaut. Es sind vor allem Geburts- und Hochzeitsregister aus dem Raum Köln, wie zum Beispiel ein Register aus Lechenich, einem Stadtteil von Erftstadt. Nach dem Umzug wird das Buch Interessierten von Brautpaaren erzählen, die sich im Jahr 1907 standesamtlich getraut haben. Doch bis dahin muss Marcel Baumgarten den Rollwagen erst einmal in die siebte Etage bringen.

Konstantes Klima ist entscheidend für Akten

Er nimmt einen von zwei Aufzügen, die sich in dem 70 Meter hohen Turm des Archivs befinden. Noch sind sie mit Pappe und Holz verkleidet. Auch wenn Besucher später nicht in diesen Teil des Archivs kommen werden, soll während des Umzug möglichst wenig beschädigt werden. Zwischen dem Aufzug und dem Magazinraum liegen Schleusentüren. Sie sorgen dafür, dass in den Räumen ein konstantes Klima herrscht. Ein leichtes Surren lässt die Belüftung erahnen. Baumgarten kann eine Tür erst öffnen, wenn die zuvor geöffnete Tür ins Schloss gefallen ist.

In der siebten Etage wartet ein Archivar darauf, die Dokumente einzusortieren. Jeder der insgesamt 80 Archivare des Landesarchivs ist für seinen eigenen Bereich verantwortlich. So machen auch die Archivare die Reise vom Einpacken in Düsseldorf oder Köln bis hin zur Einordnung in Duisburg mit. Durch eine Software ist jedes alte Regalfach einem neuen zugeordnet. In den Rollwagen finden sich immer nur Dokumente wieder, die aus aufeinanderfolgenden Regalfächern stammen. Eine dreifache Kontrolle durch die Spedition, das Archiv und die Beauftragte für die Software garantiert, dass die Akten ab Mai dann auch wiedergefunden werden.

Lehmbruck bis "Checker" - berühmte Duisburger Persönlichkeiten
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Dokumente lagern auf 144.000 Regalböden

Das Heiratsregister aus Lechenich findet seinen Platz im Regal 7.1.139. Es ist das 139. Regal im ersten Magazinraum in der siebten Etage des Turmes. Platz findet es auf einem von insgesamt 144.000 Regalböden, die zusammengenommen 100 Regalkilometer ergeben. Die Beschriftung für den Regalboden ist Duisburger Handarbeit: Die Behindertenwerkstatt in Duisburg hat die kleinen Zettel hergestellt.
Während die Akten auf dem Weg von den anderen Standorten nach Duisburg mit dem Lkw oder per Hand befördert werden, erwartet die Schriftstücke, unter denen Stücke aus dem achten Jahrhundert oder eine Urkunde der Abtei in Essen-Werden, im Archivalltag einen Transport, der vollautomatisch verläuft. Durch alle Etagen des Turms, durch den Keller und die vier Etagen des alten Speichers verläuft eine Kombination aus Laufbändern und kleinen Aufzügen, die Kisten mit Aktenmaterial aus den Magazinen innerhalb von höchstens zehn bis 15 Minuten in den Lesesaal befördern, ohne das ein Archivar sich mit schwerem Material auf einen langen Weg machen muss.

Von insgesamt vier Standorten in Düsseldorf und Köln werden Aktenberge nach Duisburg transportiert. Ende Januar sind eineinhalb Etagen in dem spektakulären Turm der alten Speichergebäude an der Schifferstraße mit Akten gefüllt. Auch im Keller haben Dokumente schon eine neue Heimat gefunden. Der Rest der 21 Stockwerke im Turm, der vier Stockwerke im alten Speicher und des 200 Meter langen Kellers, der unter dem wellenförmigen Anbau verläuft, beherbergen noch leere Regale. Eine Spedition, die bereits Umzüge für Museen und Bibliotheken organisiert hat, soll diesen Zustand ändern.

(ac)
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