Gastbeitrag Horst Eckert „Jetzt brechen auch schon die Mai-Termine weg“

Und wieder trudeln zwei Lesungsabsagen ein, dieses Mal aus Monheim und Frankfurt. Nach den April-Terminen brechen jetzt die für den Mai weg. Umgehend biete ich Alternativtage im Herbst an und hoffe, das eine oder andere Honorar zu retten.

 Horst Eckert veröffentlichte soeben „Im Namen der Lüge“.

Horst Eckert veröffentlichte soeben „Im Namen der Lüge“.

Foto: Kathie Wewer

Draußen scheint unterdessen die Sonne vom blauen Himmel, perfekter Frühlingsbeginn. Ich sollte joggen gehen, doch ich brauche die Gesellschaft meiner Fußballkumpel sowie einen Ball, um den inneren Schweinehund zu überwinden, und der Spielbetrieb ist eingestellt. Also greife ich zur Zeitung. Aber selbst die Kulturseiten kennen fast nur ein Thema: das Leben in Zeiten von Corona.

Was war ich stolz, dieses Mal zu so vielen Veranstaltungen eingeladen zu sein, von Föhr bis Innsbruck. Bis zu sechs Events pro Woche – vorsorglich deckte ich mich mit Pastillen gegen Halsschmerzen ein. Das war, bevor ein anderes Übel der Tour einen Strich durch die Rechnung machte.

Am Montag vergangener Woche gelangte nach zwei Jahren intensiver Arbeit „Im Namen der Lüge“ auf den Markt. Bei einem neuen Verlag – Champions League, meint mein Agent. Die Testleser auf lovelybooks.de waren begeistert, die ersten drei Lesungen noch besser besucht als erwartet, und Heyne gab bereits die dritte Auflage in Auftrag. Inzwischen gibt es Bücher fast nur noch online zu kaufen. Corona trifft die gesamte Branche.

Ab und zu stelle ich kleine Videos mit Leseproben ins Netz – als Ersatz für die Fahrt zu meinen Lesern. Ich appelliere an Sie alle, Ihre Lektüre bei Ihrer Buchhandlung im Viertel zu bestellen, nicht beim großen Logistikkonzern, der keine Steuern zahlt und im Moment die Lieferung verzögert. Auch nach Corona soll es die kleinen, unabhängigen Läden geben.

Ich habe beschlossen, Optimist zu bleiben. Die Zahl der Neuinfektionen wird in etwa zehn Tagen zurückgehen, dafür sorgt die radikale Beschränkung unserer Kontakte, so schätzt man. Bis dahin wird die Zahl der Kranken aber weiterhin steigen. Geduld ist geboten. Und Maß. Mich entsetzt der Wettlauf der Politiker, die auf Kosten aller Bürgerrechte Entschlossenheit demonstrieren, weil sie glauben, das sei gerade populär. Die gleichen Politiker haben jahrelang die Kliniken kaputt gespart. Es hat schon vor Corona an Pflegekräften gemangelt, gerade in den Intensivstationen. Das Verschieben von Operationen ist seit langem gängige Praxis, um die Not zu bewältigen.

Ich hoffe, dass wir nach der Pandemie unsere Krankenhäuser nicht mehr wie Unternehmen behandeln, die Profit erzielen müssen. Vielleicht erleben wir sogar, nach all den drastischen Kontaktsperren, ein bewussteres, solidarisches Miteinander.

Schluss mit Corona. Statt mir Gedanken über die Seuche und ihre Folgen zu machen, müsste ich am Manuskript des nächsten Romans arbeiten. Nach dem Buch ist vor dem Buch, wie jeder Autor weiß. Die Deadline kennt keinen Virus.

Doch zuerst schnüre ich meine Laufschuhe. Es gibt auch in diesen Tagen nichts Gesünderes als Bewegung an der frischen Luft. Angeblich hilft sie sogar gegen finstere Gedanken.

Und danach schreibe ich weiter. Versprochen.

Info Horst Eckert (60) ist Schriftsteller. Zuletzt erschienen die Romane „Wolfsspinne“ und „Der Preis des Todes“.

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