Mönchengladbach Schicksal von Arbeitslosen auf der Bühne

Mönchengladbach · Beim Volksverein Mönchengladbach wird ein ganz besonderes Theaterprojekt vorbereitet: Aus Geschichten, die Arbeitslose erzählen, schaffen Schauspieler theaterwirksame Texte und bringen sie auf die Bühne. Premiere von "Anderland" ist am 31. Januar.

 Die Schauspieler Britta Weyers und Helmut Wenderoth setzen Szenen aus dem Arbeitsleben szenisch um, die sie aus Gesprächen mit Arbeitslosen entwickelt haben. Am 31. Januar wird das Stück "Anderland" im Volksverein aufgeführt.

Die Schauspieler Britta Weyers und Helmut Wenderoth setzen Szenen aus dem Arbeitsleben szenisch um, die sie aus Gesprächen mit Arbeitslosen entwickelt haben. Am 31. Januar wird das Stück "Anderland" im Volksverein aufgeführt.

Foto: Ilgner

Nennen wir ihn Horst. Horst ist arbeitslos. Er hat sich mit seiner Frau gestritten, möchte nun aber neu anfangen. Da erzählt sie ihm, dass auch sie entlassen wurde. Die als Versöhnung geplante Szene endet in Streit, mit gegenseitigen Vorwürfen und dem kompletten Bruch.

Horst ist eine von dem Schauspieler und Regisseur Helmut Wenderoth geschaffene Figur, die viele der Geschichten deutlich macht, die Teilnehmer an Maßnahmen des Volksvereins beim Theaterprojekt erzählt haben. Es ist ein ganz besonderes Theaterprojekt, das derzeit beim Volksverein läuft. Es geht nicht darum, Laien auf die Bühne zu holen, die ihre Geschichte darstellen. Sondern darum, Geschichten von Menschen, die keine Arbeit haben, ans Licht zu bringen und von Profis präsentieren zu lassen. Das ist ein langer Prozess, der zu erstaunlichen Ergebnissen führt.

Begonnen hatten die beiden Schauspieler Britta Weyers und Helmut Wenderoth im Herbst vergangenen Jahres, indem sie an den Frühstückspausen im Volksverein teilnahmen. Sie kamen mit Teilnehmern ins Gespräch, von denen viele schon lange Zeit ohne Arbeit waren. "Das waren anfangs sehr alltägliche Gespräche, die immer intensiver wurden", erzählt Thomas Kressmeier, der am Theaterprojekt teilnimmt. "Es ist ein wunderschönes Erlebnis", fügt Anna Volovyk hinzu, die ebenfalls in einer Maßnahme des Volksvereins beschäftigt ist. "Alle haben ihr Inneres geöffnet, haben geredet und diskutiert", berichtet Volovyk.

Aus diesen Gesprächen entwickelten die Theaterleute Szenen und stellen sie nun in der Gruppe vor. "Ich habe eine Männerfigur erdacht, vorgespielt und die Gruppe hat mich korrigiert", erklärt Helmut Wenderoth, der in Krefeld das Kinder- und Jugendtheater Kresch leitet. "Die Gruppe hat der Figur dann übrigens auch den Namen Horst verpasst." Die Teilnehmer finden sich in den Geschichten wieder, aber selbst für Bekannte sind die einzelnen Elemente nicht mehr bestimmten Personen zuordenbar. "Das soll entpersönlicht sein", erklärt Wenderoth. "Deswegen müssen sich auch die Teilnehmer nicht der Bühne und den Reaktionen des Publikums aussetzen. Das tun wir, deren Beruf das ist."

Aufgeführt wird das Ergebnis — Wenderoth spricht von einem "performativen Akt" — beim inzwischen traditionellen Neujahrsempfang der Arbeitslosen am 31. Januar, den der Volksverein gemeinsam mit dem Katholischen Forum und dem Katholikenrat in der Citykirche ausrichtet. Die Geschichte "Anderland" wird fünf verschiedene Enden haben und "witzig, irritierend und auch traurig sein", wie Britta Weyers zusammenfasst.

Initiiert und finanziert wird das Theaterprojekt vom Katholischen Forum, das für die Bildungsarbeit des Volksvereins zuständig ist. "Uns ist es wichtig, die Arbeitslosen selbst zu Wort kommen zu lassen", sagt Forumsleiter Franz-Josef Unland. "Dadurch kommt eine tiefere Erkenntnis zustande", bestätigt Teilnehmer Thomas Kressmeier. Und: "Durch dieses Projekt ist mir klar geworden, dass es in meinem Leben viel mehr Entscheidungswege gab, als ich gesehen habe."

(arie)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort