Interview Oliver Schneller Der Klangforscher

Der 53-Jährige ist neuer Kompositionsprofessor der Robert-Schumann-Hochschule.

 Oliver Schneller.

Oliver Schneller.

Foto: Manu Theobald © Ernst von Siemens Musikstiftung

Am Ende seines ersten Semesters hat Oliver Schneller endlich das meiste Material zusammen, das er für seine Arbeit mit den Studierenden braucht. Im „SoundCube“, dem Raum R1 im Nebengebäude ader Robert-Schumann-Hochschule an der Homberger Straße, stehen um Tische, Stühle, Rechner und synthetische Klangerzeuger zwölf Lautsprecher auf Stativen. Die „Matrix“ ermöglicht 360-Grad-Klang, „Mehrkanal-Klangdiffusion“.

Schneller (53) stammt aus Köln, wuchs in Irland, dem Sudan, Belgien und den Philippinen auf, studierte Musikwissenschaft und Politik in Bonn, arbeitete fürs Goethe-Institut in Nepal, studierte Komposition in Boston, ging zwei Jahre ans IRCAM nach Paris, war ein Jahr Villa-Massimo-Stipendiat und Preisträger der Ernst-von-Siemens-Musikstiftung. Werke für Instrumente und (Live-)Elektronik nehmen in seinem Werkverzeichnis eine große Rolle ein.

Herr Schneller, wo sehen Sie Ihren Platz im Konzert der Angebote der Hochschule?

Schneller Gemeinsam mit José María Sánchez-Verdu betreue ich die Instrumentalkomposition an der Hochschule. Wir bieten den Instrumentalstudierenden die Möglichkeit einer Begegnung mit zeitgenössischer Musik, ihren Techniken, ihrer Notation, ihren möglicherweise andersartigen interpretatorischen Erfordernissen. Gleichzeitig brauchen wir sie als Interpreten. Mir persönlich ist ein respektvolles, offenes, sich gegenseitig befruchtendes Verhältnis wichtig. Meinen ersten Eindrücken nach besteht an der Robert-Schumann-Hochschule bis auf Ausnahmen noch kein Sinn für eine selbstverständliche Integration der zeitgenössischen Musik in die Hochschularbeit. Abgesehen von der Arbeit des Instituts für Musik und Medien ist die Hochschule bekannt für Ihren Konservatismus. Da muss eine Veränderung erst noch verhandelt werden.

Sie haben nach einem Ort für Komposition und Ihre internationale Klasse gesucht. Wie ist der Stand?

Schneller Mittlerweile ist hier eine vorübergehende Lösung gefunden, die sehr gut funktioniert. Komposition ist immer auch ein Stück Grundlagenforschung. Andererseits sind wir auch dafür zuständig, neue Entdeckungen zu machen, neue Horizonte der Musik- und Klangkreation und -rezeption zu erschließen. Dazu bedarf es aber eines adäquaten Rahmenwerkes, was heute bedeutet: die selbstverständliche Integration von künstlerischer Forschung in den Bereichen Akustik und Psychoakustik, instrumentaler Recherche und Innovation, computergestützter Klanganalyse, Elektroakustik, Mehrkanal-Klangdiffusion, und das in einem Studio, das die Grundbedingungen eines kontrollierten oder experimentellen Umgangs mit sowohl instrumentalem wie auch elektroakustischem Klang ermöglicht. Das haben wir uns jetzt dank eines Zuschusses der „Digitalisierungsoffensive“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW aufgebaut.

Was ist ein Komponist heute?

Schneller Ein Klangforscher, ein Entdecker, ein Erbe einer über ein Jahrtausend alten großen und wunderbaren Kunstform, ein Erfinder, ein Kommunikator.

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