Vom Ersten Weltkrieg bis Afghanisten Museum Lehmbruck zeigt Kriegskritik in Bildern und Skulpturen

Duisburg · Gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland hat das Museum Lehmbruck eine Ausstellung zum Jahr 1914 konzipiert. 100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges werden in Duisburg Gestalten des Krieges in Bildern und Plastiken gezeigt.

Als auf dem europäischen Kontinent der Erste Weltkrieg tobte, schuf der Duisburger Bildhauer Wilhelm Lehmbruck eine Skulptur, die so gar nicht den gängigen Heldenposen der damaligen Zeit entsprach: Gebeugt auf allen vieren, den Kopf geneigt, drückt der "Gestürzte" Verzweiflung aus statt Märtyrertum. Seine Waffe ist gebrochen, nicht aber sein Wille sich dem Tod entgegenzustemmen.

Lehmbruck bis "Checker" - berühmte Duisburger Persönlichkeiten
22 Bilder

Lehmbruck bis "Checker" - berühmte Duisburger Persönlichkeiten

22 Bilder

Die Bronzeskulptur, längst ein Schlüsselwerk der Antikriegsplastik, steht nun am Anfang der Ausstellung "Zeichen gegen den Krieg", die ab Donnerstag im Lehmbruck Museum in Duisburg zu sehen ist. Die gezeigten Arbeiten von 21 Künstlern entwickeln angesichts von Ukraine-Krise, Terror in Nahost und Gazakrieg eine Wucht von großer Aktualität.

Der Besucher steht selbst am Abzug

Da ist etwa die Nachbildung eines M16-Gewehrs, dem die US-amerikanische Künstlerin Lynn Hershman Leeson den Titel "Americas Finest gegeben hat. Der Museumsbesucher ist eingeladen, selbst den Abzug zu ziehen. Er wird dabei vom Täter zum Opfer: Beim Blick durch das Zielfernrohr sieht er abwechselnd Fotos von Kriegsszenen und sein eigenes Abbild, das eine Kamera hinein projiziert.

Duane Hansons Arbeit "War" - eine lebensecht nachgebildete Szene verwundeter Soldaten in Vietnam - erweckt ebenso die Assoziation an aktuelle Nachrichtenbilder wie Rosemarie Trockels Serie gestrickter Sturmhauben mit bunten Mustern. Die jüngste Arbeit der Ausstellung, "We are the people" des vietnamesischen Künstlers Danh V?, kann als Kommentar auf das Brüchigwerden westlicher Werte gelesen werden: Er hat die Freiheitsstatue aus dünnem Kupfer in Originalgröße nachgebaut, wieder in ihre Einzelteile verlegt und über die Welt verteilt. Fragmente des Freiheitssymbols sind jetzt in Duisburg zu sehen.

Zeitlose Kritik am Konflikt

"Die Arbeiten, die wir zeigen, sind überzeitliche Symbole", sagt Museumsdirektorin Söke Dinkla. Berührend und intensiv seien sie auch deshalb, weil einige Künstler selbst Zeitgenossen des Krieges seien, wie etwa die Performance-Künstlerin Marina Abramovi?, deren Videoarbeit "The Hero" Heimatlosigkeit und Verlust thematisiert.

Gil Shachar, geboren in Israel, zeigt einen Torso, über dessen Kopf ein Stoffsack wie zur Folter gestülpt ist. Die palästinensisch-britische Künstlerin Mona Hatoum zeigt mit "Hot Spot" einen riesigen elektrifizierten Globus, der die ganze Welt als Krisenherd definiert. Zudem werden Fotografien der in diesem Jahr in Afghanistan getöteten Kriegsreporterin Anja Niedringhaus zu sehen sein.

Die Macher der Ausstellung tun gut daran, den Fokus nicht auf Antikriegskunst des Ersten Weltkriegs zu legen, sondern den Blick auf das gesamte kriegerische Jahrhundert zu weiten. Bewusst habe sie Lehmbrucks Arbeit nur als Startpunkt für die Frage gesehen, wie Kunst in Kriegs- und Krisenzeiten eine Formensprache für Unaussprechliches finden kann, sagt die Museumsdirektorin Dinkla. "Kunst kann den Finger in die Wunde legen." Kriegswunden haben die vergangenen 100 Jahre genug hervorgebracht.

Die Ausstellung wurde im Rahmen der Reihe "1914 - Mitten in Europa" gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland entwickelt und ist bis zum 7. Dezember zu sehen.

(lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort