Analyse Kölns leidiges Personal-Karussell

Köln · Philipp Kaiser verlässt das Museum Ludwig und kehrt in die Vereinigten Staaten zurück – schon wieder ein Verlust für die Kulturszene der Domstadt.

Philipp Kaiser verlässt das Museum Ludwig und kehrt in die Vereinigten Staaten zurück — schon wieder ein Verlust für die Kulturszene der Domstadt.

Die Stadt Köln muss demnächst ihren Etat für Stellenanzeigen erhöhen. Schon wieder ist ihr eine kulturelle Führungskraft abhandengekommen. Erst Anfang November 2012 hatte Philipp Kaiser sein Amt als Direktor des Museums Ludwig angetreten, Ende Februar 2014 wird er sich bereits verabschieden — zurück in die USA, wo er zuvor als leitender Kurator am Museum of Contemporary Art in Los Angeles gearbeitet hatte.

Als Ursache des überraschenden vorzeitigen Wechsels hatte Kaiser "persönliche Gründe" geltend gemacht. Offenbar ist es seiner amerikanischen Ehefrau und den beiden Kindern nicht gelungen, sich im Rheinland einzuleben. Allerdings wird in Köln auch gemutmaßt, dass es sich dabei lediglich um "flankierende Rückzugsgründe" handle. Womöglich hatte eine Diskussion über erhöhte Heizkosten des Museums die Nerven des Direktors über die Maßen strapaziert. Von Budgetüberschreitungen war in diesem Zusammenhang die Rede.

Traurig ist es allemal, dass Kaiser seinen Posten verlässt. Denn fast alle sind des Lobes voll über seine Amtsführung. Er hat die Pop-Art aus dem Keller des Museums ans Tageslicht gehievt und mit dem Museum of Modern Art in New York und der Tate Modern in London der ersten posthumen Retrospektive zum Werk des großen Kölner Künstlers Sigmar Polke (1941—2010) den Weg geebnet; im Museum Ludwig wird sie im Frühjahr 2015 zu sehen sein.

Anfang dieses Jahres antwortete Kaiser in einem Interview mit unserer Zeitung auf die Frage, wie er das Museum weiterentwickeln wolle: "Internationalisierung ist zentral, aber zugleich muss das Museum auch vor Ort geerdet sein. Es ist wichtig, dass man mit lokalen Künstlern zusammenarbeitet, dass man sie fördert. Insgesamt bedeutet das für die Stadt Köln, dass der Ruf des Museums weiter ausgebaut werden soll, und das kostet natürlich auch Geld."

An Geld aber hapert es in Köln wie anderswo. Nur hapert es in Köln zusätzlich oft an Verständnis für die Notwendigkeit eines blühenden kulturellen Lebens und dafür, dass man sich dies etwas kosten lassen muss. Vor Kaiser hatte bereits im vorigen Jahr der Direktor des Wallraf-Richartz-Museums gekündigt, Andreas Blühm. Auch er hätte familiäre Gründe nennen können, auch er vermisste allem Anschein nach zunehmend die Unterstützung seiner vielgelobten Arbeit durch die Stadt Köln. Uwe Eric Laufenberg hatte als Intendant der Kölner Oper gleichfalls 2012 gekündigt, im selben Jahr sprach sich der Stadtrat gegen eine Wiederwahl von Kulturdezernent Georg Quander aus. Ein unbestreitbar großer Fehler war es, dass die Stadt auch der allseits gefeierten Schauspiel-Intendantin Karin Beier keine Perspektive bot. Sie verabschiedete sich Anfang dieses Jahres in Richtung Hamburger Schauspielhaus.

Angesichts solcher Häufung von Abschieden fällt es schwer, von Zufällen zu sprechen. Köln muss endlich zeigen, dass es für Kultur etwas übrig hat — Geld, aber ganz besonders Wertschätzung.

(RP)
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