Düsseldorf In Schumanns Wohnhaus bröckelt der Putz

Düsseldorf · Düsseldorf hütet kostbare Schumann-Schätze, kann sie aber nicht präsentieren. Ideal wäre ein kleines Museum an der Bilker Straße.

 Hans-Georg Lohe und Sabine Brenner-Wilczek im maroden Schumann-Haus an der Bilker Straße.

Hans-Georg Lohe und Sabine Brenner-Wilczek im maroden Schumann-Haus an der Bilker Straße.

Foto: Hans Jürgen Bauer

Die Schumann-Gedenkstätte in der Bilker Straße 15 ist nicht gerade ein Touristenmagnet. Nur an zwei Tagen in der Woche ist sie bei freiem Eintritt zu besuchen. Das feucht-kalte Klima in dem kleinen, unbeheizten Raum im Erdgeschoss wirkt konservatorisch bedenklich für das historische Tafelklavier, das sich bescheiden unter die vergilbte Reproduktion der berühmten Daguerreotypie von Robert und Clara Schumann duckt. Weitere ausgeblichene Blätter hängen dicht gedrängt an den Wänden. Die Präsentation wirkt verzagt und wie von aller Welt vergessen.

Das also ist der Ort, an dem Düsseldorf Robert Schumanns gedenkt, eines der bedeutendsten Komponisten der Romantik, den man mit dem honorigen Posten des Musikdirektors nach Düsseldorf lockte, der hier am Rhein ein Drittel seiner Werke schuf, bevor ihn seine Krankheit in die Heilanstalt zwang.

Die zugige Gedenkstätte ist in der Tat unwürdig für den - so Kulturdezernent Hans-Georg Lohe - "nach Heine bedeutendsten Sohn der Stadt". Nun ist nicht zufällig das der Gedenkstätte gegenüberliegende Heine-Institut der Ort, an dem - noch - die Schätze der Schumann-Sammlung gehortet werden. Die Verbindung zwischen Heine und Schumann ist sinnvoll, die beiden Romantiker sind einander nicht nur im wirklichen Leben begegnet, Schumann hat auch viele Heine-Texte vertont, darunter die berühmte "Dichterliebe", deren Schumannsches Lese-Exemplar mit seinen Anmerkungen zur Sammlung gehört, die bisher mangels Ausstellungs-Ort im Heine-Archiv schlummert.

Das aber soll sich ändern: "Die Zeit ist mehr als reif", verkündet Kulturdezernent Hans-Georg Lohe kämpferisch beim Pressetermin im Heine-Institut, wo Direktorin Sabine Brenner-Wilczek herausragende Exponate der Sammlung ausgebreitet hat - darunter einen Schwanenfeder-Mantel von Clara Schumann, mit dem sie sich vor Zugluft in Konzerthäusern schützte, Schmuckstücke, Original-Zeichnungen und natürlich kostbare Autographen.

Diese Preziosen wären bestens aufgehoben im Haus Nr. 15 schräg gegenüber, in dem bislang nur eben jene bescheidene Gedenkstätte vor sich hin dämmert. Doch bis jetzt ist das historische Gebäude, in dem Schumann zwei Jahre lang lebte, ein nicht ganz normales Mietshaus mit uralten Mietverträgen und einem Sanierungsstau von mindestens 60 Jahren. Der erste Stock, in dem die Schumanns hauptsächlich wohnten, ist nun entmietet. Schon im Erdgeschoss sind vor einem Jahr Stützbalken eingezogen worden, im ersten Stock sieht es fast so aus, als könne nur noch die Abrissbirne helfen: Die Decken sind rissig, die von Pilz befallenen Balken marode, selbst die Außenfassade zeigt deutlichen Risse, ganz zu schweigen von der uralten Haustechnik. Ein klarer Fall für eine Kernsanierung. Die will man jetzt endlich angehen, zumal die Stadt sich nun auf einen privat gegründeten Förderverein stützen kann, der mit einer Spende winkt, die sich auf einen mittleren sechsstelligen Betrag belaufen soll. Man plant nichts Geringeres als ein ausgewachsenes Schumann-Museum. Das Konzept für die Gestaltung steht noch nicht, aber nach Brenner-Wilczeks Andeutungen will man sich an Modellen wie etwa dem Leipziger Mendelssohn-Haus orientieren, das weniger auf klassische Vitrinen-Ausstellung, dafür umso mehr auf eine atmosphärische Rekonstruktion der Zeitumstände und multimediale Präsentation des musikalischen Schaffens des Komponisten setzt. Leipzig hat bewiesen, dass solche zeitgemäßen Museums-Konzepte greifen.

Aber so weit ist es noch lange nicht. Denn zur Kernsanierung muss das Haus unbewohnt sein, und dagegen wehrt sich der prominente Mieter, der Cellist Thomas Beckmann, bisher vehement. Er wohnt seit 1989 in dem Haus, und sein Mietvertrag gilt bis 2031. Verständlich, dass der Musiker das auratische Terrain nicht kampflos räumen will. "Die Gespräche mit Herrn Beckmann laufen", berichtet Lohe, man sei um Ausgleich bemüht. Für die sich noch immer unter Wert verkaufende Musikstadt Düsseldorf wäre ein Schumann-Museum der angemessene Leuchtturm.

(RP)
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