Angebliche Fälschung Immendorffs Witwe unterliegt vor Gericht

Düsseldorf · Oda Jaune ist in Düsseldorf mit ihrer Klage gescheitert, ein Bild von Jörg Immendorff solle vernichtet werden, weil es eine Fälschung sei.

Der Rechtsstreit zog sich über Jahre und ist nun an ein Ende gelangt, über das man die Stirn runzeln kann. Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte: Anders als Jörg Immendorffs Witwe Oda Jaune es forderte, braucht das Bild "Ready-made de l'Histoire dans Café de Flore", eine in dem berühmten Pariser Künstler-Café angesiedelte Szene, nicht zerstört zu werden. Die Reproduktion eines heute in Neuseeland hängenden Gemäldes von Immendorff sei rechtmäßig in den Räumen des Malers erworben worden. Der Käufer habe also voraussetzen dürfen, dass der Künstler vom Verkauf des Bildes wusste, so lautet die Begründung des Senats.

Oda Jaune hatte dagegen argumentiert, das Gemälde sei eine Fälschung, denn die Kopie sei ohne Autorisierung ihres Mannes entstanden. Das Landgericht Düsseldorf hatte der Witwe zuvor recht gegeben, das Oberlandesgericht kassierte nun das Urteil.

Die Forderung nach Vernichtung des Bildes war ein wenig hoch gegriffen - auch angesichts der Tatsache, dass noch nicht einmal die Fälschungen Wolfgang Beltracchis dem Reißwolf übereignet wurden. In Deutschland darf man Fälschungen besitzen; man darf sie nur nicht in Verkehr bringen. Doch wer die Umstände kennt, unter denen in Immendorffs Atelier Kunst entstand, wird Verständnis für Oda Jaunes Überzeugung aufbringen, dass das Bild ohne Zustimmung des Künstlers das Atelier verlassen habe.

Zur Vorgeschichte: Ein Privatmann soll das Gemälde 1999 in Immendorffs Atelier an der Düsseldorfer Stephanienstraße von einem Mitarbeiter des Künstlers für 30 000 Euro erworben haben. Jener Privatmann verkaufte es 2001 an seinen Bruder, der sich hernach vor Gericht gestellt sah. Als Oda Jaune das Gemälde im Katalog eines Auktionshauses entdeckt hatte, verlangte sie die Vernichtung. Denn der Gutachter Siegfried Gohr, emeritierter Professor der Kunstakademie Düsseldorf, hatte das Werk als Fälschung gewertet. Die umstrittene Version sei mit Hilfe eines Diaprojektors auf die Leinwand aufgebracht worden; er könne sich nicht vorstellen, dass Immendorff so etwas autorisiert habe.

Angebliche Fälschung: Immendorffs Witwe unterliegt vor Gericht
Foto: AP, AP

Der Verkauf des Bildes fiel in eine Zeit, da Immendorff erhöhten Geldbedarf hatte. Schließlich wollten die kostspieligen Sex- und Drogenorgien in einem Düsseldorfer Luxushotel, die er sich damals leistete, finanziert sein. Da könnte er oft ein Auge zugedrückt haben, wenn seine Mitarbeiter eine günstige Gelegenheit erkannten, die Kasse zu füllen - auch die eigene.

Das aber sind Spekulationen. Fest steht, dass sich bei Immendorff eine Grauzone zwischen Original und Fälschung erstreckte oder doch zumindest zwischen Original und Kopie. Es gibt Werke aus seinem Atelier, die von Assistenten stammen und deshalb nicht als Originale gelten können, doch Fälschungen sind sie nicht. Wer ein solches Bild besitzt, wird darüber nicht glücklich sein; schon deshalb nicht, weil eine solche "Werkstattkopie" - ein Bild, in das Immendorff allenfalls ein paar Ratschläge und Striche und im Übrigen lediglich eine originale Vorlage investiert hat - nicht annähernd so viel wert ist wie ein Gemälde von des Künstlers Hand. Ganz so ungewöhnlich, wie man denken könnte, sind diese Halboriginale nicht.

Zeitweilig malten bis zu zehn Assistenten acht Stunden am Tag, um die Nachfrage zu befriedigen. Das Nachsehen haben nun diejenigen, die glaubten, unmittelbar aus dem Atelier günstig einen "echten Immendorff" erwerben zu können. So sparten sie auch die Galerieprovision, einen Betrag, der bis zur Hälfte des Preises ausmachen kann. Jene Käufer hatten so wenig Ahnung von Kunst, dass ihnen der Unterschied zwischen einem echten und einem fraglichen Immendorff schlicht verborgen blieb. Hauptsache, das Ding war signiert. Zuletzt kam für manche ein böses Erwachen. Immendorff, so stellte sich heraus, hatte ihnen "zweite Wahl" angedreht - und sie hatten eine stilistisch hölzerne Version des "Café de Flore" für einen großen Wurf gehalten.

Erschwerend kommt hinzu, dass Echtheitszertifikate des Künstlers auch für dessen Mitarbeiter zugänglich gewesen sein sollen. Im Fall, der nun abschließend vor Gericht verhandelt wurde, könnte also ein "Immendorff" das Atelier mit Bescheinigung verlassen haben, ohne dass der Meister davon wusste.

Das Oberlandesgericht war so klug, kein Urteil darüber zu fällen, ob das Bild ein Original oder eine Fälschung ist. Die Signatur Immendorffs jedenfalls - das hat eine Untersuchung ergeben - wurde maschinell erstellt. Ob mit oder ohne Wissen des Künstlers - auch dazu enthielt sich das Gericht der Stimme. Eine Revision des Urteils hat es ausgeschlossen. So bleibt Oda Jaune nur der Weg einer Nicht-Zulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof. Schlechte Aussichten.

(RP)
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