Düsseldorf Düsseldorf im Konzerthallen-Vergleich hinten

Düsseldorf · Eine Studie im Auftrag des Freundeskreises der Düsseldorfer Tonhalle vergleicht die Konzerthäuser in der Region. Dabei zeigt sich etwa, dass Köln, Essen oder Dortmund mehr Weltklasse-Orchester im Programm haben. Das liegt unter anderem an der Betriebsform der Tonhalle.

Der Titel klingt beinahe defensiv, aber die ganze Studie hat Explosivkraft: "Vorschläge zur Weiterentwicklung des Profils der Tonhalle Düsseldorf" nennt deren Gesellschaft der Freunde und Förderer ein 150-seitiges Positionspapier, das jetzt auch in einer 14-seitigen Kurzversion vorliegt; diese wurde von Patrick-Schütte, dem Vorsitzenden des Freundeskreises, vorgestellt. Das Ergebnis einer Studie, mit der die Münchner Firma Metrum beauftragt wurde und für die der Freundeskreis 78 000 Euro aufgebracht hat, zeigt überaus drastisch, dass Düsseldorf im Musikleben Nordrhein-Westfalens an Rang verloren hat - jedenfalls im ganz speziellen Segment der sogenannten Leuchtturm-Konzerte.

Früher war alles besser, in der Tat. Da gab es nur zwei relevante Konzertsäle in NRW: Köln und Düsseldorf, und es war kein Problem, dass Spitzenorchester aus den USA oder aus England in beiden Städten gastierten. Seit es aber die Philharmonien in Essen und Dortmund gibt, hat sich die Lage verschoben. Zwar haben sich die Besucherzahlen positiv entwickelt; zwar gibt es den "Aufbau eines substanziellen Eigenveranstaltungsprogramms"; zwar gibt es mehr als 300 Veranstaltungen pro Saison, damit rund 250 000 Besucher jährlich - aber es mangele eindeutig, so die Studie, an Konzerten mit hochklassigen Orchestern und international renommierten Solisten.

Auch im Bereich der "Superstars" werde Düsseldorf nicht nur von Köln, sondern auch von Essen und Dortmund der Rang abgelaufen. Gemessen am Status einer Landeshauptstadt bestehe hier in Düsseldorf ein merklicher "Nachhol- und Entwicklungsbedarf".

Dazu komme, dass das städtische Orchester, die Düsseldorfer Symphoniker, gleichsam ein rein lokales Dasein ohne Tourneetätigkeit und internationales Profil friste. Zwar kam es neulich zu einem Gastauftritt in Wien, und gewiss wird das Ensemble demnächst im Amsterdamer Concertgebouw auftreten, aber solche Reisen sind erstens die Ausnahme und zweitens auch immer nur von kurzer Dauer.

Geradezu betrüblich ist der direkte Vergleich, welche Weltklasseorchester in Düsseldorf, Dortmund Köln, Hamburg und Essen auftreten. Während in den beiden vergangenen Spielzeiten die großen Orchester aus Amerika, London, Dresden, München oder Wien neunmal in Köln waren oder achtmal in Essen, waren sie nur einmal in Düsseldorf anzutreffen - und dann war es auch nur die Academy of St. Martin in the Fields, die in jeder dieser Städte aufgetreten ist.

In der Spielzeit 2012/2013 kam es laut Studie in Düsseldorf zu 37 Konzerten im internationalen Top-Segment, in Dortmund waren es 43, in Essen 51 und in Köln 112. Das hat auch mit der Struktur der Tonhalle zu tun. Sie ist immer noch ein städtisches Amt, das für jeden Cent einer Preisveränderung den Rat anrufen muss; im Koalitionsvertrag der bis jetzt regierenden städtischen CDU/FDP-Ratsfraktionen war zwar die Umwandlung in eine GmbH vorgesehen, aber in den vergangenen fünf Jahren ist in dieser Hinsicht nichts passiert.

Tonhallen-Intendant Michael Becker würde gerne Konzerte mit Top-Orchestern veranstalten, würde wirklich unternehmerisch auftreten und auch in der Preisgestaltung eigenständig sein, aber als städtischer Amtsleiter darf er es nicht; er muss sich alles genehmigen lassen. Essen, Köln und Dortmund (alle als GmbH geführt) sind hier viel eigenständiger, und das Ergebnis kann sich sehen und hören lassen. Zudem gab und gibt es in Düsseldorf für die Klassik-Konzerte eine Abtretung der Tonhalle an die Firma Heinersdorff, deren Seniorchef dieser Tage gestorben ist. Die alteingesessenen Heinersdorff-Konzerte sollen künftig von der Hamburger Firma Funke weitergeführt werden, aber das ist keine Regelung, die auf ewig Bestand haben muss. Der Freundeskreis der Tonhalle hält es auch für möglich, dass weitere private Konzertveranstalter Interesse an einem Markteintritt in Düsseldorf haben könnten.

Der Vorschlag, dass die Düsseldorfer Symphoniker ihr Profil durch einen neuen Generalmusikdirektor und Top-Solisten schaffen sollten, setzt freilich voraus, dass man diesen neuen GMD auch wirklich finden will. Wie Intendant Becker neulich mitteilte, soll der jetzt ausscheidende Andrey Boreyko erst 2016 durch einen Nachfolger ersetzt werden. Die kommende Spielzeit wird komplett mit Gastdirigenten bestückt, von denen allerdings bis auf den Finnen Okko Kamu kein einziger internationales Renommee besitzt. Warum kommt kein Star? Manche sagen, Becker engagiere sich nicht genug und reise einfach nicht genug herum, andere sagen, ein guter Chef komme einfach nicht, wenn er nicht mit dem Orchester gastieren und auf Tournee gehen könne.

Der Freundeskreis möchte sich jedenfalls weiterhin tatkräftig engagieren. Für den Fall, dass die Tonhalle nun endlich in eine GmbH umgewandelt werde (wie Rheinoper und Schauspielhaus auch), will der Freundeskreis zehn Prozent des Etats übernehmen.

(RP)
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