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Düsseldorf Museum K21 Die Kunst steigt in den Untergrund

Düsseldorf · "Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger" – unter diesem Titel entführt das Düsseldorfer Museum K 21 seine Besucher in eine Welt des Grusels. Die Ausstellung umfasst Werke von Max Ernst, Henry Moore und Gregor Schneider.

"Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger" im Museum K21 in Düsseldorf
11 Bilder

"Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger" im Museum K21 in Düsseldorf

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"Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger" — unter diesem Titel entführt das Düsseldorfer Museum K 21 seine Besucher in eine Welt des Grusels. Die Ausstellung umfasst Werke von Max Ernst, Henry Moore und Gregor Schneider.

Ab in die Hölle — oder doch zumindest in eine Höhle. Das ist der Weg, auf den das Düsseldorfer Museum K 21 seine Besucher in diesen Tagen schickt. Unten, im Keller des einstigen Landtagsgebäudes, verbreiten sich zwar nicht Angst und Schrecken, doch gruselig ist es schon, wenn Gregor Schneider uns gebückt durch eine Röhre in ein fensterloses, nur mit einer Matratze ausgestattetes Kinderzimmer schickt oder Henry Moore in düsteren Zeichnungen daran erinnert, wie seine Landsleute im Zweiten Weltkrieg in Londoner U-Bahn-Schächten Schutz vor deutschen Bomben suchten.

Ursprünglich ist der Untergrund ein literarisches Thema — das Inferno in der Vorstellung von Dante und ebenso die Unterwasserwelt der Abenteuer, wie sie Jules Verne mit Worten ausmalte. Auch Franz Kafka hat auf diesem Feld seine Visitenkarte hinterlassen: mit seiner unvollendeten Erzählung "Der Bau" von 1923/24. Aus der Sicht eines Tieres beschreibt er darin, wie es mit quälerischem Perfektionsmus ein unterirdisches System von Gängen herstellt — Rückzugsstätte und Ort der Bedrohung zugleich.

Bildende Künstler haben sich von solchen Dichtungen inspirieren lassen wie auch von der Traumdeutung C. G. Jungs zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auch er stieg in den Keller hinab, in die Sphäre des Unbewussten.

Am Beginn des Rundgangs durch die Tiefen des Gemüts und der Vorstellungskraft steht eine große Fotografie von Thomas Demand, das abgelichtete, von ihm selbst aus mehr als 30 Tonnen Papier hergestellte Modell einer Grotte auf Mallorca. Voller Bewunderung, aber auch mit einem Schauder steht man vor dieser wandfüllenden Arbeit angesichts des Wissens, dass man das Motiv auch ohne den Umweg über den Nachbau hätte abbilden können. Unweit davon ragen Max Ernsts gespenstische Zypressen gen Himmel.

In einem anderen Saal begegnen Henry Moores "Shelter Drawings" befremdlichen miniaturhaften Bunker-Darstellungen des Düsseldorfers Thomas Schütte. Zu den Untergrund-Spezialisten der jüngeren Kunstgeschichte zählt gleichfalls der Kanadier Jeff Wall. Auf Groß-Dias zeigt er bis ins Detail von ihm selbst inszenierte, scheinbar alltägliche Szenen von der Entstehung eines in die Erde führenden Gangs, zwei spielenden Kindern an einem Tunneleingang und einem frisch ausgehobenen Grab, das sich dank Photoshop in ein Aquarium verwandelt hat.

Im Mittelpunkt des abgedunkelten Ausstellungslabyrinths erhebt sich eine Installation des früh gestorbenen Martin Kippenberger (1953—1997), der sich spottend über die überlieferte Kunst erhob. Unter der Erde lässt der König der Trashkultur unter dem Titel "Tiefes Kehlchen" posthum ein blätterloses Birkenwäldchen wachsen, andere Arbeiten beziehen sich auf seine Ausgestaltung der Wiener U-Bahn-Schächte, und mehrfach recken sich Kippenbergers vermenschlichte Laternen aus dem Dunkel empor.

Von Christoph Büchel schließlich stammt ein nachgebautes Kellerloch von der Art, wie es der in seinem Versteck überraschte Saddam Hussein seinerzeit vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern verließ. Büchel war nie im Irak, doch sein Objekt wirkt authentisch.

Und wo bleibt Kafka? Die New Yorker Künstlerin Roni Horn sorgt mit ihrer Installation "Art Farm" für seine Präsenz. Vor einem zwischen zwei Glasplatten eingefassten Milieu einer Ameisenkultur erlebt der Betrachter, wie die Insekten die Landschaft durchbohren und innerhalb kürzester Zeit ein Wegenetz anlegen. Da gibt es unmittelbare Parallelen zu Kafkas "Bau".

Zum Thema der Düsseldorfer Quadriennale — "Über das Morgen hinaus" — leistet das K 21 mit seiner Schau nur einen begrenzten Beitrag. Statt Utopien bietet das Haus Dystopien, also Blicke in eine abschreckende Zukunft — oder Ansichten von einer als bedrohend empfundenen Gegenwart. Unberührt jedenfalls lassen diese Erlebnisräume niemanden zurück.

(RP)
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