Düsseldorf Der Quadriennale fehlt das Profil

Düsseldorf · Der designierte Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf vertritt die Meinung, das Konzept des Düsseldorfer Kunst-Festivals habe "nicht so hundertprozentig hingehauen". In der Tat gibt es trotz guter Besucherzahlen Anlass zu Kritik.

Prominenz bei der Eröffnung der Quadriennale
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Prominenz bei der Eröffnung der Quadriennale

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Über die am kommenden Sonntag endende dritte Quadriennale der Stadt Düsseldorf lässt sich manches Lob ausschütten: Die 13 Ausstellungen - von der hochrangig ausgestatteten Schau "Kandinsky, Malewitsch, Mondrian" in der Kunstsammlung NRW bis zu Pauline M'bareks die Sinne schärfender Installation "Der berührte Rand" im KIT an der Rheinpromenade - haben fast ausnahmslos Format. Mehr noch: Sie reagieren auf unsere Zeit wie die "Smart New World" betitelte Schau der Kunsthalle über den Überwachungsstaat oder stoßen den Besucher schöpferisch vor den Kopf wie "Unter der Erde. Von Kafka bis Kippenberger" im K 21.

Auch die Besucherzahlen können sich sehen lassen. Mit 270 000 liegen sie um 40 000 über der Quadriennale des Jahres 2010. Zudem brüsten sich die Veranstalter zu Recht damit, dass das Kunst-Festival diesmal weitere Kreise gezogen hat - indem es mehr Ausstellungsstätten einbezogen und sich weiter den populären Sparten der Kultur geöffnet hat. Events unter freiem Himmel kommen immer gut an. Und sie locken vor allem mehr Publikum als die sogenannte Hochkultur, die nur derjenige vollständig genießen kann, der entsprechend gebildet ist.

Das sagen die Düsseldorfer zur Quadriennale
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Das sagen die Düsseldorfer zur Quadriennale

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Man mag argwöhnen, dass die Zahl 270 000 auch durch die vermehrten bürgernahen Angebote zustande kam, zudem durch jene neun Tage, an denen die Kunstsammlung freien Eintritt gewährte, und durch Vergünstigungen, mit denen das Museum Kunstpalast Besucher köderte. Doch all das sind übliche Marketing-Maßnahmen, und solange sie der Kultur und ihren Adressaten nützen, ist alles in Ordnung. Die zahlreichen Medien-Berichte schließlich, welche die Angebote der Quadriennale im In- und Ausland bekannt gemacht haben, scheinen das Bild eines durchweg gelungenen Kulturfestivals abzurunden.

Dennoch mag man nicht darauf wetten, dass die Stadt in vier Jahren erneut 4,2 Millionen Euro für einen kulturellen Zyklus zur Verfügung stellt, dem das Wichtigste fehlt: ein Thema. Das schwammige "Über das Morgen hinaus", das die Ausstellungen notdürftig eint, geht allenfalls als Motto durch.

Quadriennale: "Kunst und Alchemie" in Düsseldorf
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Quadriennale: "Kunst und Alchemie" in Düsseldorf

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Schon die ersten beiden Quadriennalen krankten daran. Zur Premiere im Jahr 2006 hatte man den Titel "Der Körper in der Kunst" gewählt - der bezog sich immerhin auf die zentrale Caravaggio-Ausstellung -, vier Jahre später hieß es dann nichtssagend "Kunstgegenwärtig" und zuletzt eben unverbindlich "Über das Morgen hinaus". Unter solchen Titeln mag man Besucher in einzelne Ausstellungen und zu Veranstaltungen locken - als Magnet für die gesamte Quadriennale taugen sie nicht. Womöglich steckten auch mehr als gesundheitliche Gründe dahinter, dass der im laufenden Jahr erstmals installierte Intendant des Kulturfestivals, der Karlsruher Kunst-Professor Wolfgang Ullrich, sein Amt früh aufgab und seine Quadriennale nurmehr als Beobachter verfolgte.

Auch der designierte Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel (SPD), war vom Konzept der Quadriennale 2014 nicht überzeugt. Es habe "nicht so hundertprozentig hingehauen", sagte er unserer Zeitung zurückhaltend. Ob und wie es mit der Quadriennale weitergehe, werde man nach einer gründlichen Bewertung der zurückliegenden vier Monate entscheiden. Generell sei er aufgeschlossen für ein Programm, "das den Ruf der Kulturstadt Düsseldorf hebt", so dass die vor allem mit ihrem Schauspielhaus gebeutelte Stadt an ruhmreichere Zeiten anknüpfen könnte. Geisel strebt einerseits "mehr Engagement in der freien Szene" an, setzt andererseits aber auch auf die "Leuchttürme" der Hochkultur, die der Stadt wieder zu Strahlkraft verhelfen sollen.

Näher will sich der ab September amtierende Oberbürgermeister noch nicht äußern. Ein Griff in Düsseldorfs Kulturgeschichte könnte ihm helfen, für das Kunst-Festival den rechten Weg zu finden. Zwei Jahrzehnte vor der Premiere der Quadriennale gab es nämlich schon einmal einen solchen Zyklus - mit einem packenden Thema. Unter dem Titel "1937. Europa vor dem Zweiten Weltkrieg" erinnerten Düsseldorfer Museen an die unermesslichen Verluste, welche die moderne Kunst im "Dritten Reich" erlitten hat, als die Nationalsozialisten Tausende von Werken der besten Künstler jener Zeit ins Ausland verkauften.

Für diesen weit über Düsseldorf hinaus beachteten Zyklus bedurfte es keines Intendanten von außen. Der damalige Ausstellungsleiter der Kunstsammlung NRW, Jörn Merkert, riss mit seiner Begeisterung die Leiter der übrigen Institute mit und bescherte Düsseldorf ein frühes Beispiel einer gelingenden Quadriennale.

Unvergesslich der Vortrag von Kunstsammlungs-Chef Werner Schmalenbach darüber, wie er die sich verdüsternden, gespenstischen 30er Jahre erlebte.

(RP)
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