Düsseldorf Barbara - die Heilige der Kumpel

Düsseldorf · Sankt Barbara spielt eine wichtige Rolle für Bergleute - auch nach dem Ende des Steinkohle-Bergbaus 2019.

 Bergleute aus Kamp-Lintfort stehen vor einer Statue der Heiligen Barbara.

Bergleute aus Kamp-Lintfort stehen vor einer Statue der Heiligen Barbara.

Foto: Siwe

Dieser Vers zum heutigen Barbara-Tag wirkt beinahe makaber: "Sankt Barbara, bei Tag und Nacht fahr mit dem Vater in den Schacht! Steh du ihm bei in jeder Not, bewahr' ihn vor dem jähen Tod." Doch wer als Bergmann mehr als 1000 Meter tief unter der Erde arbeitet, braucht Nähe und Beistand. Diese Nähe zur Schutzpatronin hat sich über die Jahrhunderte zu einer innigen Beziehung bis in den Alltag hinein entwickelt - nicht nur beim erbitterten Kampf um Arbeitsplätze. Und so bringen die Bergleute am heutigen 4. Dezember in überkonfessionellen Gottesdiensten traditionell ihre enge Bindung an den Glauben zum Ausdruck - und feiern die heilige Barbara.

Barbara lebte zu Beginn des vierten Jahrhunderts östlich des heutigen Istanbul. Sie war eine schöne, kluge Frau, die in Kleinasien das Christentum kennenlernte und sich taufen ließ. Ihrem Vater gefiel das nicht. Er stellte sie vor die Wahl, entweder einen vermögenden jungen Heiden zu heiraten oder aber hart bestraft zu werden. Die Christin blieb standhaft und flüchtete. Ein Felsen soll sich geöffnet und ihr als Unterschlupf gedient haben. Doch der Vater entdeckte sie, sperrte sie in einen Turm und schreckte nicht davor zurück, sie zu enthaupten. Die Strafe Gottes - ein Blitzschlag - traf den Tochtermörder unmittelbar nach der unfassbaren Tat.

Bis heute gilt die heilige Barbara als Märtyrerin, als Symbol der Wehr- und Standhaftigkeit, als eine von 14 Nothelfern, die ihre schützende Hand nicht nur über Bergleute, sondern auch über Hutmacher, Elektriker und Dachdecker hält. Im Bergbau ist Barbara aber von der katholischen Heiligen zur Schutzpatronin aller geworden. Christen und Muslime gleichermaßen können sie im Gebet anrufen.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nahm am vergangenen Freitag am Barbara-Mahl in ihrer Heimatstadt Mülheim teil. Doch die Zeiten haben sich geändert. 2008 sagte ein ehemaliger Kumpel bei einem Gottesdienst des Bergwerks Ost in Kamen, Kraft sei eine "moderne Schwester" der heiligen Barbara. Die SPD-Politikerin blickte geschmeichelt zu Boden. Viele der Kumpel brachten Kraft damals Wärme und Sympathie entgegen - zu einer Zeit, als man die Förderung von Steinkohle noch für wirtschaftlich vernünftig hielt und die Politikerin den Männern glaubhaft und energisch zurief: "Die Zukunft der Kohle ist sicher." Doch heute weiß man: Die deutsche Kohle als Energieträger ist ersetzbar.

Wenn 2018 das letzte deutsche Steinkohle-Bergwerk schließt (noch wird das "schwarze Gold" in Marl, Bottrop und Ibbenbüren gefördert), wird es vermutlich auch keine zentralen Barbara-Feiern mehr geben. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass dieser Teil der bergmännischen Kultur wegfallen wird", sagte ein Sprecher der Ruhrkohle AG. In ehemaligen Kohle-Hochburgen wie Kamp-Lintfort habe etwa der Knappenverein die Organisation der Feier übernommen.

"Geistige Flöze dürfen nicht verloren gehen", mahnte schon der emeritierte Essener Weihbischof Franz Grave. Die heilige Barbara hat viele Bergmänner bei ihrer gefährlichen Arbeit unter Tage bewacht. Auch deshalb werden die Kumpel, von denen es einmal 500 000 gab, die traditionellen Feiern über das Jahr 2018 hinaus am Leben erhalten.

(RP)
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