Ausstellung im Dortmunder U Pink Floyds Rückkehr ins Ruhrgebiet

Dortmund · Die spektakuläre Ausstellung „Their Mortal Remains“ im Dortmunder U würdigt eine der größten Rockbands der Welt und erinnert an das denkwürdige Konzert an der Dortmunder Westfalenhalle Anfang der 80er.

 Projektion des berühmten Pink-Floyd-Prismas im Dortmunder U. Das Prisma zierte das Cover der Platte „The Dark Side Of The Moon“.

Projektion des berühmten Pink-Floyd-Prismas im Dortmunder U. Das Prisma zierte das Cover der Platte „The Dark Side Of The Moon“.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Rom, London, Dortmund. Die Stationen der Pink-Floyd-Ausstellung „Their Mortal Remains“ („Ihre sterblichen Überreste“) lesen sich so unglaublich wie die ihrer legendären „The Wall“-Tour von 1980/81. Damals kam wegen der aufwändigen Show neben Spielstätten in Los Angeles, New York und London in Deutschland nur die Westfalenhalle Dortmund als Aufführungsort in Frage. 132.000 Fans pilgerten binnen einer Woche ins Ruhrgebiet. Wenn jetzt Nick Mason, Gründungsmitglied und Schlagzeuger von Pink Floyd, im Dortmunder U sitzt, um die spektakuläre Ausstellung zu bewerben, dann ist das also auch eine Rückkehr an den Ort einer geschichtsträchtigen Großtat – und davon gab es viele im Leben mit der Band. „Durch die Ausstellung zu gehen, ist wie durch 50 Jahren meines Lebens zu gehen“, sagt Mason.

Den Anfang macht ein Bus. Im schwarz-weißen Bedford-Van fuhr die erste Pink-Floyd-Besetzung in großer Langsamkeit durch die Lande. Syd Barrett berichtete seiner damaligen Freundin davon in einem Brief – der gehört zu rund 350 Zeitzeugnissen, mit der die Schau die Bandgeschichte erzählt. Zusammengestellt hat sie Aubrey Powell, der mit dem 2013 gestorbenen Storm Thorgerson das Design-Duo Hipgnosis war, das Pink Floyds berühmte Plattencover seit dem zweiten Album „A Saucerful of Secrets“ gestaltete. An ihnen hangelt sich die Ausstellung entlang. Alle sind großformatig ausgestellt, ihre Entstehung ist ausführlich dokumentiert.

Powell versteht es immer noch, eine besondere Atmosphäre von Spannung und Mysterium zu kreieren. Der Besucher läuft im sechsten Stock des Dortmunder U-Turms mit Kopfhörern durch schwarze Tunnel. Der Sound wechselt automatisch mit der Bewegung durch die Räume, spielt Interviewschnipsel ab, die über Monitore laufen, oder die berühmtesten Titel der ausgestellten Alben.

Zu einem Aha-Moment kommt es, wenn man aus den Tunneln tritt und sich auf einmal in einem hohen Raum mit Oberlicht befindet, der „The Wall“ gewidmet ist. Hier finden sich natürlich die Mauer und die berühmten aufblasbaren Figuren aus der autoritätskritischen Rockoper, die das Thema der fehlerhaften menschlichen Kommunikation auf den Punkt bringt wie kaum ein anderes Werk der Band. Zeichnungen der Architekten Mark Fisher und Jonathan Park zeigen, wie aufwändig allein die Planungsphase der Tour gewesen sein muss.

„Den Untertitel der Ausstellung hat sich natürlich Roger Waters einfallen lassen“, verrät Nick Mason. Natürlich. Es war der schwermütige Bassist und Egomane, der die Band ab „The Wall“ so dominierte, dass ein Bruch unumgänglich war. Solche „düsteren Kapitel“ – wie auch den frühen Ausstieg Syd Barretts wegen psychischer Probleme – hakt die Ausstellung allerdings nur kurz ab. Sie ist keine kritische Würdigung, sondern Bestätigung für langjährige Fans, auf die richtige Karte gesetzt zu haben. Der Fokus liegt auf legendären Großtaten wie „Dark Side Of The Moon“ und „Wish You Were Here“, Nebenwerke wie „Obscured By Clouds“ oder die großartige Filmmusik zu Michelangelo Antonionis Kunstwerk „Zabriskie Point“ finden immerhin Erwähnung.

Die heute junge Musikhörer-Generation kann in einem großen Instrumenten-Kabinett lernen, was Experimentieren damals bedeutete: Nämlich nicht am Laptop herumzufrickeln, sondern sich mit einer Armada aus Gitarren, Schlagwerk, E-Pianos, Synthesizern, Sequenzern, Effektgeräten und Mischpulten wochenlang in einem Studio einzuschließen und Sounds zu erfinden, die noch nie ein Mensch zuvor gehört hat.

Die Ausstellung erzählt außerdem, wie es für Pink Floyd in einer einzigartigen musikgeschichtlichen Konstellation möglich war, ungeahnte Freiräume zu erkämpfen. Die Musiker, die vom Blues kamen, konnten nicht nur vom Sound, sondern auch von den Titellängen her völlig neue Wege gehen, als in den 1970ern der Verkauf kompletter Alben zählte und nicht mehr nur die Single. Das epische E-Gitarrensolo von „Comfortably Numb“, das einen Höhepunkt dieser Entwicklung darstellt, hört der Besucher am Ende in grandiosem 360-Grad-Sound vor einer riesigen Videowand. Sie zeigt Pink Floyds Auftritt bei Live Aid 2005 – mit den wieder vereinten Roger Waters, David Gilmour, Nick Mason und dem 2008 gestorbenen Richard Wright. In London sollen Fans hier weinend auf dem Boden gesessen haben.

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