Kölner Abend im Heine-Haus

Der Schriftsteller Michael Kohtes ist Kölner, aber nicht von ganzem Herzen. Seine Heimat nennt er eine "rabaukenhafte, freche und geistfreie Stadt", aber er lebt ja nun mal dort, und deshalb muss er sich arrangieren. Also wanderte er ein Jahr lang durch die Straßen im Schatten des Doms, er führte Tagebuch über die Reise ins Naheliegende, und den nun veröffentlichten Text "365 Tage. Ansichten von K." stellte er im Heine-Haus vor.

In Düsseldorf über sein Leiden an Köln zu berichten, ist eine dankbare Angelegenheit, und tatsächlich wurde es ein heiterer Abend. Der Literaturkritiker Denis Scheck stellte die richtigen Fragen, er warf sich mit Kohtes die Bälle zu, und die Gewinner waren die Zuhörer. "Ich hatte Nahwelt-Bedarf. Ich wollte wissen: Was passiert vor meiner Haustür?", sagte Kohtes. Wie er denn eigentlich lebe, das wollte er erfahren, und ob seine Vorurteile sich beim Flanieren in Luft auflösen würden. Er sprach mit Kioskbesitzern und sammelte Momente, er philosophierte über den Tod und die rheinische Seele. Dabei entstand philosophischer Straßenfußball, unterhaltsam und bisweilen tiefsinnig.

Man konnte dem Autor dabei zuzusehen, wie er mit sich und seiner Heimat rang. Der Mann ist hin- und hergerissen, neugierig und skeptisch. Und als dann eine Dame aus dem Publikum meinte, an dem Spruch "Kölle, do bes e Jeföhl" sei doch was dran, bemerkte er nur: "Der dümmste Satz seit den Neandertalern." Andererseits sei Köln sein Zuhause, und gerade im Ausland denke er immer: Wie schön, dass er hier aufgewachsen ist.

Und am Ende? Köln schlecht oder Köln gut? Nichts von beidem. Zu einem eindeutigen Ergebnis kam man nicht. Wie gesagt, der Mann ist hin- und hergerissen. Schön, dass man daran teilhaben konnte. JONAS RUMP

(RP)
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